Donnerstag, 7. Oktober 2010

Pulp :: Xolank (2)



Aus den Aufzeichnungen von Prof. Kirby McCulloch, Universität Edinburgh, 1969

Zwei Lider wie aus gelbem Wachs zogen sich langsam von großen, rotunterlaufenen Augen zurück. Die Augäpfel waren gelblich angelaufen, aber in einem Farbton, den ich noch bei keinem Gelbsüchtigen gesehen hatte. 'Dennoch schien in den blassblauen Pupillen soetwas wie Wiedererkennen zu stehen. Die dürren Lippen zuckten, als Kirowan versuchte, Worte zu formen.
"Ich bin hier, Irving. Kirby McCulloch. Sprechen Sie..."
Ich beugte mich über seine schmale Brust, von der ein süßlicher Geruch von Heilsalben und Fleisch, das sich langsam umwandelte, ausging. Früher einmal war diese Brust doppelt so breit gewesen - wie konnte ein Mensch bloß in sowenig Tagen so altern?
"McCulloch...", kam es keuchend aus dem zitternden Mund. Die Lippen, mit pergamentartiger Haut überzogen, zuckten krampfhaft, als er versuchte, artikulierte Laute zu formulieren. Trotzdem glaubte ich mich verhört zu haben, als das erste Wort über seine Lippen kam: "Xolank." Der archaische, völlig unbritische Tonfall dieses Wortes verwirrte mich, ebenso wie das schreckliche Zittern, das in den gelblich verfärbten Schnurrbart und die hervorquellenden Augen des Kranken gekommen war. "Wir müssen aufpassen...", keuchte Kirowan, "man kann es nicht sehen, nur bei Vollmond. Aber... es kann uns sehen..." Ich nickte, um den Kranken zu beschwichtigen, obwohl ich kein Wort verstand. Anscheinend hatten Kirowans esoterische Forschungen mit Astronomie und verschiedenen Seitengebieten der Biologie seinen Geist im Todeskrampf entscheidend verwirrt.
"Die Linsen meines Teleskops...", zischten die Silben zwischen seinen lockeren gelben Zähnen hervor", sie sind verschmutzt... McCulloch...!" Hier schoss seine greisenhafte Hand empor und umklammerte meinen Arm wie eine Klaue, "Du musst sie zerstören! Du musst!“
Seine dürren Lippen holten Atem für einen weiteren Satz. Dünne Speichelfäden trieben wie Spinnennetze aus seinem Schlund. "Lass niemanden sehen... was ich sah..."
Er sank zurück in seine Kissen, schloss die erschöpften Augen. Über seine zitternden Lippen drang Speichel und ein paar unartikulierte, röchelnde Laute, dann versank er wieder in den komaartigen Schlaf, in dem er bei meiner Ankunft gelegen hatte.
"Verstehen Sie, was er meint, Herr McCulloch?", schob sich James nach vorne, während die Ärzte sich eilig über den Kranken beugten und seinen Zustand untersuchten, der zwar ernst, aber unverändert war. "Er hat soetwas auch schon zu uns gesagt... aber wir haben kein Wort davon verstanden. Was meint er nur?"
"Ich kann nur raten", meinte ich, "Sein Privatobservatorium soll anscheinend der Nachwelt vorenthalten werden. Das ist seltsam, denn ich habe ihren Herren Vater niemals für selbstsüchtig gehalten."

Keine Kommentare: