Montag, 14. Oktober 2024

Auf Saturn, in Lemurien [Teil 2]

 

Tief in der Erde von Lemurien, wo die Steine noch die alten Lieder singen, erwachen jene, die lange vergessen waren. Vielleicht, eines Tages, wenn die Monde wieder in Einklang stehen, werden die Tore geöffnet, und wir werden zurückkehren – nicht als Helden, sondern als Schatten dessen, was wir einst waren. Die Meister der Urzeit hatten Siegelringe geschnitten, aus Karfunkeln und dem lebenden Karneol, jeder Ring das Abbild eines längst vergessenen Lebens. Diese Schmuckstücke, so erzählte man, könnten die Träger zurückführen – nicht in die lebendige Gegenwart, sondern zu den Erinnerungen, die tief in den Seelen ruhten, wie Wasser, das sich unter der Oberfläche stiller Seen verbarg.


Wenn die Monde am höchsten standen und das Licht des Saturn in einem schwachen, doch beständigen Flackern durch die Nebel brach, können die Träger dieser Siegel einen Funken Offenbarung erfahren –ein Schimmer des Lebens, das einst war. Und so lebten die Schatten der Urzeit weiter, nicht als Geister, sondern als Gedanken, die in den Erinnerungen an das, was sie einst waren, gefangen blieben, bis die Zeit erneut das Tor öffnete.

Sonntag, 13. Oktober 2024

Auf Saturn, in Lemurien [Teil 1]

 

Ich bin auf den Meeren des Saturns gesegelt, zu Inseln aus hohem, urzeitlichem Amarant, wo die flammenzüngigen, klangvollen Blumen die Brandung zum Schweigen bringen. Ganz mit rubinfarbenen Perlen besetzt lockte mich die goldene Küste; doch wie jemand, den Zauber zurückhalten, machte ich mich mit meinem Gesang auf den Weg zu den blinden Horizonten der düsteren Meere und nie gekannten Häfen. Aus Feuer und Messing geformt und von Monden gewölbt, öffneten sich gewaltige, tiefe Himmel – bis über dem dunklen Schaum schwarze Gipfel aus Reichen emporstiegen, die so unaussprechlich sind wie der Schlaf! Kuppel türmte sich auf wolkenlose, adamantene Kuppel, und kein spähender Seraph glaubte an ihnen vorbeizukommen. Furcht auf der See, und Furcht unter der See, und schwarze Furcht jenseits des Schicksals herrschte – dann Schweigen, als die Welt sich wandte.


Und doch, als die Stille sich senkte, schien alles Gewicht der Welt zu schwinden, wie in einem Atemzug, den die Ewigkeit hält. Die dunklen Meere des Saturn verschwammen vor meinem Auge, während Lemurien in einem fernen Glanz aus vergangenen Zeiten aufstieg – wie ein Traum, den man am Rande des Bewusstseins erahnt, aber nie ganz erfassen kann. In diesem Licht lebten die Reiche der Urzeit weiter, unberührt vom Verfall der Sterne, und ich, wandernd zwischen den Welten, suchte nach dem, was jenseits von Zeit und Raum lag; nach dir, meinem lieblichen Dämon.

Werkstattbericht 2024-10-13

Liebe Gemeinde, die Zeit vergeht, die Hälfte des unheimlichen Oktobers scheint schon vergangen... die ersten Herbststürme ziehen auf und zerren an den Blättern der riesigen Linde vor meinem Haus, die Katzen verbergen sich nachts und tagsüber verkriechen sie sich unter den Betten. Es wird dunkel, die Jahreszeit des Samhain naht, Zeit der Gespenster und der niemals Geborenen... Die Schleier werden dünner. Der Wind flüstert in einem unverständlcihen Code, während die Luft sich füllt mit dem Duft feuchten Laubs und dem Rauch der ersten Feuer. In der Ferne ein Vogel oder das Echo längst vergangener Stimmen. Die Nacht scheint tiefer, dichter, die Schatten kriechen näher an das Haus heran, gierig darauf, etwas zu erzählen, das in den langen Sommernächten verborgen geblieben ist.

Das ist, was der synthetische Verstand mir vorgibt, wenn ich das Orakel werfe; anscheinend will er mich zart darauf hinweisen, endlich einige der Dinge abzuschliessen, die in den letzten Monaten liegengeblieben sind. Das kommt jetzt nicht überraschend, schließlich ist es Erntezeit. Im unheimlichen Oktober haben wir schon immer gerne in Erinnerungen und den randnotizen unserer Geschichte(n) gewühlt.


AUF SATURN, IN LEMURIEN

Vor einigen Tagen hatte ich mir vorgenommen, zu sehen, was sich aus den Gedichten "In Saturn" und "In Lemuria" von Clark Ashton Smith ergeben könnte.  Schon beim ersten Lesen ist es offensichtlich, dass es sich bei beiden Monologen um Erinnerungen zu handeln scheint, Erinnerungen an vergangene Leben auf Welten, die es so nicht gegeben haben kann. Die Vorstellung, auf unserem Saturn zu leben, ist absurd, von welchem Saturn redet der Erzähler also? Und wir wissen auch, dass es ein Land namens Lemurien niemals gegeben hat außerhalb der hochtrabenden Spekulationen der Theosophie oder zweitklassiger Pulpautoren. [Ich habe dieses Jahr die meisten Thongor-Geschichten von Lin Carter (1965-1970) gelesen, und sie waren nicht so schlecht wie ihr Ruf. Auf jeden Fall besser als "Die Geheimlehre" (1888)]

Aber Erinnerungen sind immer subjektiv, egal wie wahr sie im Moment ihres Auftauchens erscheinen mögen. Sie sind eine Erscheinung, also ein Geist, aber auch Geister sind nicht real, sie existieren nur in unserem Kopf. Das ist nicht beruhigend, kann aber als Erklärung dienen; die phantastischen landschaften und Szenarien sind Teil des Imaginalen, des kollektiven Unbewußten, oder der kollektiven Erinnerung an das, was das menschliche Gehirn an Möglichkeiten zur Kombination und Rekombination hat.

Eine einfache Möglichkeit, die Irrealität als wirklich zu erklären, ist die Fremden Welten nicht als physische, sondern psychische wahrzunehmen, als Teile der Astralebene (wenn es diese gibt) oder als Zwischenzustände, ähnlich den Bardos des "tibetischen Totenbuches".


URBANE MAGIE

Bei den aktuellen Arbeiten an der 14. Ausgabe von "Schwert & Stab", dem legendären Kulturjournal für Moderne Magie, Angewandte Okkulte Lebenskunst und Psychonautik (in Buchform), mit dem Arbeitstitel "VRBAN VOODOO" tauchen wieder ältere Konzepte auf, wie das "Projekt Hammonia", "Städte als Magische Personen" und das, was in den immer noch unveröffentlichten "Schwarzen Papieren" des Ordens des Onyx-Dämmerung aufgeführt wird. Und es drängt sich wieder auf, noch einmal tiefgründig die Konzepte von Fritz Reuter Leiber zu studieren, die er in "Our Lady of Darkness" und einigen Kurzgeschichten entwickelte.

Titel/Illustration zu "Smoke Ghost" von Fritz Leiber


Samhain naht, das Tor zur Anderswelt steht offen, und die niemals Geborenen drängen heran, Sehnsucht in ihren schweigenden Augen.

Samstag, 5. Oktober 2024

Die Tränen von Lilith


Vertonung eines Gedichtes von Clark Ashton Smith
Written (First Published): 26 Apr 1917

Ebenholz und Kristall

Passend zum unheimlichen Oktober habe ich hier in den letzten Tagen drei ganz unterschiedliche Gedichte des großen unvergessenen Weirdos Clark Ashton Smith veröffentlicht, In Saturn, In Lemuria und The Tears of Lilith. Alle stammen aus derselben Veröffentlichung, "Ebony and Crystal. Poems in Verse and Prose" (1922)... also sogar schon mehr als hundert Jahre alt. Ohhh... public domain.

Wie man aus der beigefügten Vertonung sehen kann, sind die Gedichte nicht alle von gleicher Tiefe oder Anmut... Aber beim Sortieren der Datenbank für REDMASK und anderes, konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, die beiden "IN" Gedichte würden sich gut in Prosa als Anfang von Fantasygeschichten eignen.

Probieren wir es mal aus, mal sehen, wohin uns die Muse treibt... 

In den Saturn? 

Oder nach Lemuria?

Freitag, 4. Oktober 2024

In Saturn, in Lemuria [2]

Rememberest thou? Enormous gongs of stone
Were stricken, and the storming trumpeteers
Acclaimed my deed to answering tides of spears,
And spoke the names of monsters overthrown—
Griffins whose angry gold, and fervid store
Of sapphires wrenched from mountain-plungèd mines—
Carnelians, opals, agates, almandines,
I brought to thee some scarlet eve of yore.

In the wide fane that shrined thee Venus-wise,
The fallen clamors died... I heard the tune
Of tiny bells of pearl and melanite,
Hung at thy knees, and arms of dreamt delight;
And placed my wealth before thy fabled eyes,
Pallid and pure as jaspers from the moon.

Clark Ashton Smith: In Lemuria

In Saturn, in Lemuria [1]

Upon the seas of Saturn I have sailed
To isles of high primeval amarant,
Where the flame-tongued, sonorous flowers enchant
The hanging surf to silence; all engrailed

With ruby-colored pearls, the golden shore
Allured me; but as one whom spells restrain,
For blind horizons of the somber main
And harbors never known, my singing prore

I set forthrightly. Formed of fire and brass,
And arched with moons, immenser heavens deep
Were opened—till above the darkling foam,

With dome on cloudless adamantine dome,
Black peaks no peering seraph deems to pass
Rose up from realms ineffable as sleep!

Clark Ashton Smith: In Saturn

Dienstag, 1. Oktober 2024

Willkommen im Unheimlichen Oktober

Liebe Gemeinde, in der glorreichen Tradition dieser Seiten stelle ich den gesamten Monat Oktober wieder unter das Motto HALLOWEEN. Es wird dunkel um uns, Samhain naht... die Zeit der Gespenster, Zeit, in der Mottenkiste der Geschichte herum zu kramen und Zitate, Bilder, kurze Momente des Wahnsinns hervor zu zerren...

Der Unheimliche Oktober! Endlich wieder! (Und endlich wieder einmal in den Archiven dieses Blogs kramen... ist es wirklich schon so lange her?)