"Xolank" liegt hier schon eine geraume Zeit auf dem Schreibtisch, die Story ist nämlich schon seit 20 Jahren fertig. Aber obgleich sie ihre Stärken hat, kann ich mich mit der typischen Prämisse des hilf- und ahnunglosen Helden oder Erzählers, der am Schluss von der kosmischen Offenbarung zerrüttet wird, nicht mehr anfreunden. Auf der Suche nach dem komischen Dreh, die Geschichte zum Laufen zu kriegen, stellte ich mir ersteinmal die Frage, woher der Name dieser kosmischen Entität, von der die Rede ist - Xolank - eigentlich herkommt. Die Antwort ist natürlich schlicht: ich habe ihn mir ausgedacht. Den Figuren innerhalb des Kontinuums dieser Erzählung kann ich jedoch damit nicht kommen. Schauen Sie mal, was die herausgefunden haben:
Xolank… Xolanque… Woher stammt dieser Name? Was bedeutet er? Ich glaube, er ist der Name eines Sternes, den die alten Kulturen Amerikas kannten: ich kann dies nicht mit Fakten begründen, es ist nur die Erinnerung, die mich diese Verbindung herstellen lässt, eine Erinnerung an andere Namen. Der Codex Ambrosianus erwähnt Xiclotl, den „Waldstern“, aber die größte Ähnlichkeit besteht natürlich zum Namen eines anderen Gestirnes, zu Xolotl, dem Hund der Nacht.
Coatlicue-mit-dem-Schlangenrock, Teteoinan, die „Mutter der Götter“, die alle himmlischen Dinge gebiert, Herrin des Lebens, des Todes und der Wiedergeburt, diese allesverschlingende, gräbergrabende, schrecklichste aller Erdgöttinnen, geschmückt mit einem Rock aus lebenden Schlangen und dem Halsband aus Herzen und Schädeln über ihren schlaffen Brüsten, gebar den Morgen- und den Abendstern. Und wenn auch jeder den Morgenstern kennt, den Herren des Ostens in seiner Form als jesusartiger Kulturheld und Erlöser, die Flügelschlange Quetzalcoatl, kennt niemand seinen dunklen Zwilling, den Abendstern, den Herren des Westens, den Bringer des Unheils, den Nachthund Xolotl.
Manche verwechseln ihn mit dem Xocotl der Otomi, oder vielleicht sind sie auch dieselbe Gestalt, Herr der Sterne und des Feuers, zu dessen Ehren Xocotl vetzi gefeiert wurde, das große Totenfest für die toten Krieger, die man sich als Sterne vorstellte, die zum astralen Gott in besonderer Beziehung standen. Die alten amerikanischen Kulturen waren sich der Funktion der Venus und ihres Umlaufs um die Sonne sehr wohl bewusst und verfügten über angemessene Methoden, ihre Bahn zu berechnen, sicherlich waren sie sich auch der Ambivalenz dieses Gestirnes bewusst. Wenn der Morgenstern das kommende Licht verheisst, folgt der Abendstern der Sonne in die Finsternis und begleitet sie auf ihrer schrecklichen Reise durch die Unterwelt.
Und Xolotl, der Nachthund, ist der Stern der Unterwelt, von schrecklichem Angesicht (als Skelett oder monströse Gestalt mit Hundehaupt und verdrehten Füßen), der bucklige Herr des Blitzes und des Todes, der Bringer des Unheils, der in einer Hand eine Axt hält und die Sonnenscheibe auf dem Rücken schleppt. Gegen welche Ungeheuer mag er sie verteidigen auf ihrer Reise durch die Nacht? Und wer steht ihm bei? Die toten Krieger, die als Sterne wiederauferstanden sind?
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