Dienstag, 17. Oktober 2006

Stroh und Lumpen



Die Vogelscheuche ist eine Karikatur des Menschen - sie ist nach seinem Ebenbilde geschaffen - in Lumpen gehüllt, vom Wind gebeutelt, ihr Gesicht eine groteske Visage mit blindem Blick. Und nun, da die Tage kürzer werden, und die Schatten länger, beginnt vielelicht auch die Furcht zu steigen vor der ausgezehrten Silhouette auf dem toten Feld, das sich zu bewegen scheint und langsam den Kopf wendet...

Ein Gruppenportrait von vier Vogelscheuchen

Während die Vogelscheuche nicht zu den typischen Schreckgestalten gehört, denen sich die Literatur und Kunst des Grauens bedient, liegt etwas so enervierendes in ihr, dass sie - ohne Bezugnahme auf andere Auftritte - immer wieder verwendet wurde. Hier eine Zusammenstellung des Vogelscheuchen-Topos in den Comics, wie in dem obenstehenden Bild illustriert:
  • Im Hintergrund: Ethan Crane, ein psychotischer Psychologe (Phobologe?), der vom Phänomen der Angst so sehr fasziniert ist, dass sie zu seinem alleinigen Lebensinhalt wird, er selbst zu ihrem Avatar, der Angst in jeder Form mit Hilfe von Toxinen und anderen Chemikalien zu erzeugen weiss. Während er im Gegensatz zu anderen Gegnern des Batman stellenweise kohärent wirkt, verbringt auch er die meiste Zeit im Arkham Asylum für geisteskranke Schwerverbrecher. Tauchte auch als Nebenfigur in Batman Begins auf. (erster Auftritt: Wold’s Finest Comics No.3, DC Comics, Herbst 1941)
  • Links: Ein typischer Vertreter der nuklearen Monster des paranoiden Amerika Anfang der 60er Jahre. Eine tatsächliche Vogelscheuche, die durch atomare Strahlung ein Eigenleben gewinnt und ins Riesenhafte heranwächst. Sie legt eine Spur der Zerstörung, bevor sie wieder in ihre normale Form mutiert zu dem Farmerehepaar zurückkehrt, dem sie ursprünglich gehörte. (erster und einziger Auftritt: Strange Tales No. 81, Marvel Comics, Februar 1961 ; Online Version der Geschichte hier.)
  • Im Vordergrund: Ebenezer Laughton, ursprünglich ein Entfesslungskünstler und Contortionist, der auf die brillante Idee kam, diese Talente zum Verbrechen zu Nutzen. Typisch für diese Geschichten aus dem Kalten Krieg versuchte er sich auch als Landesverräter, bevor er von Iron Man gestoppt werden konnte. Wahrscheinlich einer der lahmsten Superschurken aller Zeiten. Nun ja, wenigstens hatte er ein paar dressierte Krähen, die ihm aushalfen. (erster Auftritt: Tales of Suspense No. 51, Marvel Comics, März 1964)
  • Rechts: Der Mann aus Stroh, eine Gestalt mit eher übernatürlichen Eigenschaften, die Furcht nicht nur säte, sondern sie auch bekämpfte. Ursprünglich wurde er als unheimlicher Rächer im Stil der alten Pulphelden erfunden, der in Zusammenhang mit einem eigenartigen Gemälde stand. Spätere Autoren erfanden ihn neu als übermenschliche Entität, die aus dem Bild tritt, um den Leib einer Vogelscheuche zu beleben. Sehr seltsam. Selbst Dr. Strange konnte nicht viel damit anfangen. (erster Auftritt: Dead of the Night No. 11, Marvel Comics, August 1975)

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