Sonntag, 29. Oktober 2006

Alle Seelen schreien



Manchmal steht man mitten und Leben dann wird einem klar, wieviele Dinge man begonnen aber nicht beendet hat. Wie in einem früheren Posting eingestanden, gehörte dazu die vor vielen Jahren von einem Freund und mir gemeinschaftlich konzipierte Trash-Serie JÖRG ROTH, GEISTERJÄGER. Der Optimismus stirbt zuletzt, so sagt man wohl... Ich habe letztes Jahr tatsächlich versucht, den Stoff zu updaten, und habe dann nach einiger Zeit mich wiederum vielversprechenderen Projekten zugewandt. Nun ja, vielleicht nächstes Jahr um die gleiche Zeit...

Hier also ein Ausschnitt aus der überarbeiteten Version... Ironischerweise heisst die Datei Aller Seelen. Sie wissen schon, wie Allerseelen...

ein Fragment
ALLE SEELEN

Unsere Vorstellungen von der Seele sind geradezu primitiv, wenn man sie mit Vorstellungen aus dem Orient oder der Antike vergleicht. Ich denke, ein jeder Mensch wird unbefriedigt von der Idee sein, daß er eine Art gasförmiges Wirbeltier in sich hat, das zum Zeitpunkt seines Todes verlischt, oder an einen anderen Ort geht, oder vielleicht nie existiert hat. In anderen Kulturen stellt man sich unter einer Seele nichts statisches vor, sondern etwas Fließendes – ein Strom, oder sollte man besser sagen, ein Strömen? Nebelschwaden über dem See – etwas anderes bedeutete der Begriff ‚Seele’ ja ursprünglich nicht. Aber nicht nur das Wallen und Wogen des Nebels gehört zur Seele, der See auch...

Alles fließt, und das heißt ja auch nichts anderes, als daß auch jedermann fließt, in beständigem Wandel begriffen ist... die Seele ist nichts anderes, als das, was uns mit dem See verbindet, dem gewaltigen unpersönlichen Ozean des Lebens... jeder nur ein Tropfen, aber die neunte Welle ist immer die höchste... wenn man erst einmal beginnt, das Selbst und die Persönlichkeit zusammen mit der Seele als eine Art Flüssigkeit zu begreifen, wird einem alles klarer... Flüßigkeiten können eingefroren werden oder sie können verdampfen, es gibt immer die Möglichkeit, daß die Umgebung zu einem der beiden Temperaturextreme neigt, aber die Substanz bleibt immer die gleiche, und wenn man sie wieder auftaut oder destilliert, kann sie wieder optimale Viskosität erlangen...

Wir müssen uns von den gewöhnlichen, dualen Modellen der Wirklichkeit verabschieden... Die Welt wird nicht im Feuer enden oder im Eis... sie ist beständig dabei, ihre Temperatur zu regulieren, es gibt keine Gesetze, nur Zyklen, genauso wie die Tidenzyklen der großen Meere... verbunden mit dem Gezeitenhub des Mondes... die Erde ist weiblich, wie man an ihren Zyklen sehen kann, die in gleichem Maße die Menstruationszyklen und Hormonschwankungen des weiblichen Homo sapiens widerspiegelt, wie die Fluidität der Seele, dessen altes und arkanes Symbol das wechselhafte Angesicht des Mondes ist, des heiligen Planeten aller Hexen und Prophetinnen...

Es gibt nicht nur einen Körper, so wie es nicht nur eine Seele gibt... in der Natur ist nichts statisch und fest. Im alten Ägypten und in den Geheimlehren der Veden geht man von bis zu sieben unterschiedlichen Leibern aus. Sieben unterschiedliche Leiber, von denen nur einer unsterblich ist. Warum sollte das nur bei Menschen so sein? Ist die Erde nicht ein viel größeres und diffizieller organisiertes Lebenssystem als wir? Und wir verbringen die meiste Zeit unseres Lebens damit, auf einem ihrer Leiber, dem gröbsten und schwersten, herumzukriechen und ihn mit einem Netzwerk aus Narben zu übersäen... Schwären und Verätzungen... in den nächtlichen Autobahnen sammelt sich der Eiter der verstümmelten Hügel... Sie haben es geschafft, der Plan von zweitausend Jahren ist aufgegangen, der äußerste Leib unseres Planeten hat längst begonnen abzusterben... globale Nekrose... wir kriechen auf dem Sterbebett der krankenden Mutter umher, ohne die Leichengifte zu bemerken, und nun haben Sie begonnen, auch die anderen Körper zu vergiften... sie schalten einen nach dem anderen aus... bis nichts bleibt.... nur Kälte und Dunkelheit und Tod... und Stille...

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