Sonntag, 24. Juli 2005

Geschichten aus der Gruft [1] Slum Poetry 1982-84

Ich habe eine neue Beschäftigung gefunden für die Nachtstunden. Kein wirkliches Hobby, aber immer gut für einen verstohlenen oder verschämten Lacher. Momentan arbeite mich durch die sieben Aktenordner durch, in denen ich meine alten Manuskripte abgeheftet habe, bevor sie alle in den Keller kommen. („Die Gruft“) Und jedesmal, wenn ich etwas finde, was unter Umständen noch brauchbar ist, oder so merkwürdig, daß man es nicht wegwerfen sollte, werfe ich es auf meinen Scanner und lasse mein OCR-Programm laufen. Ich denke, ich werde das eine oder andere Fundstück hier mal veröffentlichen, wenn mich niemand daran hindert...

Versucht, mich aufzuhalten!

Das erste Fundstück sind vier Bögen mit Gedichten, die ich in den Jahren 1982 bis 1984 zu Papier brachte. Ich glaube, eines von ihnen habe ich sogar in unserer Schülerzeitung veröffentlicht, zum allgemeinen Unverständnis der Leserschaft. (Wer will es ihnen verübeln...) Das Manuskript ist aus dem Jahre 1993, noch auf meinem allerallerersten Computer getippt, denke ich. Ein Atari ST. Mönsch, war das ‘ne Zeit... Und mit dieser herrlich gefaketen Nostalgie heran an die „Gedichte“... Zeug aus der Abteilung „So schlecht, daß es schon wieder lustig ist...“



EIN SCHERZ

"Einst zu Khaimas-Sotten
Sah ich 'nen König verrotten
Unter 'nem kleinen Menhirchen
Beknabberte ihn ein Tierchen:
An dem goldenen Flügelhelm
Erkannte ich den toten Schelm
Yol Dirgh, der Kaiser von Yand
Verfaulte hier im Nebelland
Steckte einst in schlimmen Nöten
- Wollte gar 'nen Hexer töten -"

"War dumm von ihm gewesen!"

"Und deshalb muss er nun verwesen!
Armer Kerl, hatte hundert Weibchen
In niedlichen kleinen Leibchen."

"Jetzt hat Sie ein anderer -"

"Drum gehn wir, Wand'rer,
Lassen wir den alten Knaben
Das fiese Tierchen laben!"



DER DUNKLE MANN

Von meines Schlosses Fenster
Erahnte ich die fahlen Gespenster
Bevor ich sie schaudernd sah
- In jenem kalten, bösen Jahr.

Ein schrecklicher dunkler Mann
Führte die grausige Horde an,
Wie sie tanzten über die Äcker,
Mich verhöhnten mit ihrem Gemecker.

Mit fahlen Leibern, bleichen Gliedern
Zuckten sie zu alten Liedern
- Spotteten mir in meinem Gemach,
Wo ich stand, vor Angst des Lebens brach.

Mit kühlem Grinsen hielt der dunkle Mann
Fingerdeutend unter dem Fenster an,
deutete auf an meinem Finger die Ringe
Und spricht herauf zu mir ghoulische Dinge.

Schreckend fuhr ich von ihm zurück
Vielleicht zu meinem letzten Glück
Doch in Erinnerung an des Mannes Antlitz
Durchfuhr's mich wie ein heller Blitz

Erinnernd die alte Familiengruft
Jenen Schoß modriger ekler Luft
wo sie schlummernd liegen - die Toten
Die einst über dies Schloss geboten.
Des ersten Herren Grab
Des ersten meines Bluts, den's je gab -
Versiegelt eine Platte von großem Gewicht
Geschmückt mit des Ahnen Gesicht.

Und erkennend brach ich zusammen
Vor des Kamins prasselnden Flammen
Die die verfluchten Ringe verschlangen
Die einst am Finger des Ersten geklungen.

Auch meiner Freunde eilende Silhouetten
Können mich nicht mehr retten,
Denn ich erkannte im Gesicht des Vorfahrs
Den dunklen Mann jenes kalten, alten Jahrs...



DER SCHATZSUCHER

Als der Graf vom Schatze hörte
Aus dem Mund einer Alten
Die selbst der Tod nicht mehr störte
Ließ Gier ihn Vorsicht walten
Leis', bewehrt und dunkel vermummt '
Schlich er hin zu jenem Ort
Anbei der Diener, längst verstummt,
Gelähmt wie bei grausigem Mord...
Verstohlen macht er sich zu schaffen
Vom Licht der verhüllten Latern verzerrt
Zum Schatten eines grauen Affen
Der sich etwas Namenlosem erwehrt.

Erschreckt öffnet der Diener den Mund
Als sein Herr herabsteigt in den
Schlund Unter des Hügels stiller Wölbung
Die atmet, wankt, voll stummer Drohung
Und der Diener: Wie still er steht
Inmitten des kalten Winds, der weht
Über welche alten Könige mag er sinnen?
Welcher Gedanke lässt sein Blut gerinnen?
Dumpfe Worte durchbrausten sein Hirn
Die Sagen und Mythen der Alten
Archaisches erwachte hinter der Stirn
Ein Fluch schwarzer Welten:
Als man die Könige begrub
Erschlug man seine Mannen
Warf sie herab in des Grabes Grub'
Und machte sich still von dannen.

Da: Ein Schrei tötete das Schweigen
Und aus der Gruft heraus wankt es
Brabbelnd, kichernd, dann fällt es
Ein grausiges Ding
Von Erde schwarz und dunkel von Blut
Um den Hals den würgenden Ring
Der schimmert in goldener Glut
Zurückfahrend erkennt der Diener
Das Symbol der verfluchten Alten
In den Händen des leichenkalten,
Des Grafen, der nimmer mehr...



NOCH EIN SCHERZ...

Ein Krämer aus der Stadt aus Jade
Kam einmal vom silbernen Gestade
Kehrte ein in die lausige Herberge
Am Fuß der verrufnen Kannibalenberge
Ein Völkchen grüner knorriger Zwerge
Warnt ihn: "Gä nischt inne Berge!"
Doch der Krämer lehnt ab ohne Rast
- Deshalb haben die Fresser ihn auch gefaßt

Und als sie ihn stecken ins heiße Kupferkleid
Erkennt er mit unangenehmer Klarheit
- Bevor sie ihn schmunzelnd verspeisten -
Wie teuer die Strecke für alle, die hier reisten.

Und die Moral der traur'gen Geschicht':
Pass auf, wer Dich zum Dinner lädt,
sonst bist Du's vielleicht, der brät!
(Und misstrau dem Gnome nicht!)

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