Mittwoch, 23. Mai 2007

Amadeus auf der Flusswelt (9)

Wahrscheinlich das vorhergehende Kapitel von Amadeus auf der Flusswelt (5) Keine Ahnung, wer weiß das schon? Ich arbeite hier nur. Okay, weiter im Text: die Lautstärke bitte hochdrehen:


„Schaffen wir so unsere Kultur? Aus den Echos ferner Stimmen? Aus den Gedanken, die schon einmal gedacht wurden, aus wiedergekäuten Ideen und halbverdauten Geschichten?“

Die Megatronik meldete sich.

„Auswertung der Hypersignale beendet. Mit dreiundachtzigprozentiger Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen Notruf. Anzeichen für Verschlüsselung nicht erkennbar. Übersetzung ohne zusätzliche Informationen nicht möglich. Ende."

„Hm!" machte Amadeus. „Keine Angabe außer der Vermutung, es handle sich um einen Notruf. Das könnte bedeuten, es handelt sich um ein fremdartiges Volk."

„Hältst Du den Notruf für eine Falle?" fragte ‚Rock’ Sarastro.

Amadeus zuckte die Schultern.

Hiram Kobalt lächelte ironisch und sagte scharf akzentuiert: „Unverschlüsselter Notruf mit hoher Sendeleistung: zu primitiv für eine Falle, aber durchaus denkbar für die tatsächliche Notlage von intelligenten Lebewesen, die nicht mit unseren alten Bekannten identisch sind." Er rieb sich über die feine Narbe an seiner Stirn. In diesem Bereich der Galaxis hatten die Hyperkriege mehr als ein Opfer gefordert, und die Temponauten mussten sich vor den Mächten vorsehen, die hier hinter jeder Raumverwerfung lauern mochten: das kybernetische Universum, die klebrige Brut des

Auffordernd blickte er den Mann der Funkortung an, der ihn über einen Audiokanal anrief.

„Entfernung 332 Komma 93 Lichtjahre, Sir. Koordinaten!", kam die Rückmeldung.

Die dreidimensionale Projektion der Raumkoordinaten wurde eingeblendet: eine bunte Blume von Zahlenkombinationen, die entlang der bekannten Zeitströme auseinanderschwammen. Hiram erkannte, daß der Sender unterhalb der Kursebene der HOFFNUNG stand und zwar in Richtung des Galaktischen Zentrums. Shishmaref - nördlich der kosmischen Beringstraße. Er bedankte sich für die Meldung, dann wandte er sich Amadeus zu.

„Wir werden hinfliegen und uns umsehen. Unsere Aufgabe einer Gesamtvernetzung von Sicherheit und Entwicklungspolitik ist die richtige Strategie. Vielleicht können wir den Unbekannten helfen und sie uns zu Dank verpflichten."

„Ein bisserl Zucker für die ungewaschenen Massen, was?“

„Du sagst es, Bruder.“ Selbstgefällig summte Hiram vor sich hin.

Gleich nach dem Übergang in den Zeitstrom war eine Sonne auf den Chaos-Screens erschienen, dunkelrot und pulsierend, fast wie eine organische Masse. Sie stand fast im Zentrum des Schirms, und da die HOFFNUNG Kurs auf den Sender genommen hatte, deutete die Übereinstimmung darauf hin, dass er sich in dem System jener roten Sonne aufhielt.

„Kursänderung, Nightface!" befahl Hiram Kobalt. „Wir werden nicht eine Lichtstunde, sondern drei vor den Sendekoordinaten in den Normalraum gehen!"

Amadeus atmete erleichtert auf. „Du bist also doch skeptisch geworden, Hiram“, murmelte er zu sich selbst. „Ich würde aber an deiner Stelle noch mehr Zurückhaltung üben."

Hiram schüttelte den Kopf. „Zurückhaltung? Denkst Du, wir müssten uns fürchten?“

„Hoffnung ist immer untrennbar mit Furcht verbunden. Nur betäubt Hoffung, wie jede Art traditionellen Opiums, die Furcht. In katastrophalen Situationen, was man gemeinhin ironisch ‚hoffnungslos’ nennt, ist Hoffnung das einzige Schmerzmittel, das dem leidenden Menschen noch angeboten werden kann.“

„Ich bin für jeden Kick dankbar“, sagte ‚Rock’ trocken. „Ein paar Pillen?“

Die Zeit bis zur Rückkehr in den Normalraum verging quälend langsam.

Schließlich kamen die Klarmeldungen von den Geschützständen durch. Pneumatisch geladenen Hochgeschwindigkeitsblaster wurden hochgeladen, Impulsraketen, EMP-Werfer, fette Entropiegeschütze, 5-D-Halluzimaten und ein Paar Hochleistungs-Automatikgeschütze. Die HOFFNUNG bereitete sich auf einen Kampf vor.

„Es wird zweifellos wärmer“, sagte Nightface. „Die positiven Folgen werden lange auf sich warten lassen - die negativen dagegen passieren sehr schnell.“

Endlich fiel das Schiff der Temponauten in das vierdimensionale Raum-Zeit-Kontinuum zurück. Die verschiedenen Ortungsgeräte begannen verrückt zu spielen.

Während die HOFFNUNG mit 0,33 % Lichtgeschwindigkeit auf die blutrote Sonne zujagte, wertete die Bordmegatronik die Ortungs- und Meßdaten aus. Genau drei Lichtstunden vom Eintrittspunkt entfernt, in Steuerbord, wurde die Quelle der Funkimpulse ausgemacht - gleichzeitig aber noch etwas anderes: die charakteristischen Energieemissionen starker Intervallaktivität, die Streustrahlung dreier unterschiedlicher Raumschiffstriebwerke und die Schockwellen nuklearer Explosionen. Leichen auf der Straße, zersplitterte Fenster, Trümmer überall.

Amadeus seufzte bedrückt. „Und da dacht’ man, man trifft auf intelligentes Leben…“

„Das ist alles Teil der Grossen Show“, sagte Hiram zynisch. „Leben und sterben lassen. Schaltet den Soundtrack ein…“

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