Freitag, 23. März 2007

Der Löwe von Sparta, reloaded

»Wanderer, kommst Du nach Sparta, verkündige dorten, Du habest uns hier liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl.«
Sicherlich werden die meisten klar denkenden Menschen schon bald anfangen, Frank Millers Umdichtung der Schlacht bei den Thermopylen, 300, bei der 300 Spartaner unter der Führung ihres (Zweit-)königs Leonidas I. etwa 20.000 Perser töten konnten (!) als faschistoide, machohafte, gewaltverherrlichende, homophobe Geschichtsklitterung oder plumpen Americaagitprop zu analysieren. Vielleicht nicht zu unrecht, macht es die grafische Natur von Millers Vorlage, sagen wir mal Schwarz-Weiß-Malerei doch eher leicht. 300 war schliesslich zuerst ein Comic, und wie man aus Sin City weiss, ist Frank Miller weder zartbesaitet noch besonders subtil in seinem Ausdruck. Auch ist 300 kein Abbild historischer Wirklichkeit (es waren nicht nur Spartaner bei den Thermopylen, und auch mehr als 300), sondern vor allem eine Illustration einer fast symbolhaften Legende.

Wir haben also auf der einen Seite die hellhäutigen, freiheitsliebenden, heldenhaften, soldatischen, lebensverachtenden Spartaner, die gegen eine Million (!) Piercing-Freaks, Perverse, Mutanten und sonstige Degenerierte mit meist dunkler Hautfarbe steht. (Das klingt tatsächlich wenn man es hinschreibt noch schlimmer, als ich es gerade noch gedacht habe...) Mit den historischen Persern haben diese Mutationen allerdings nichts zu tun, die als indoeuropäischer Stamm mit den Griechen wahrscheinlich enger verwandt waren als mit ihren übrigen Nachbaren.

Miller ist nicht dumm - es geht ihm nicht um ein Abbild historischer Wirklichkeit. Es ist epische Schwarz-Weiß-Malerei, vielleicht, aber daran hat sich im "Herren der Ringe" auch niemand gestört. 300 wurde das erste Mal lange vor 9/11 veröffentlicht, hierhinein nun Parallelen zum Terrorkrieg der USA hineinzuinterpretieren, führt ein wenig am Thema vorbei. Immerhin wäre das Persische Imperium der 300 eher parallel den USA des 21. Jahrhundert als zu ihren Gegnern.

Es ist vielleicht amerikanischer Agitprop, vor allem aber zu altertümlichen Vorstellungen, was "Amerika" bedeutet. Der Freiheitskampf einer kleinen Schar gegen eine überlegene Übermacht... so wie im Unabhängigkeitskrieg gegen das Britische Empire sich die junge Nation erst selbst definiert hat.

Das macht die Propaganda vielleicht nicht subtiler, trifft aber auf eine eigenartige Weise auch einen Nerv bei nicht so patriotisch gesinnten Menschen wie Herrn Miller.

Ein leichter Schauder lässt sich fast nicht vermeiden, schaut man sich z.B. den Trailer auf der offiziellen Website von 300 an. Hmmm, wenn man jetzt noch bedenkt, dass selbst der deutsche GröFaZ als eine seiner tolldreisten Ideen mit dem Gedanken spielte, eine Selbstmordschwadron namens "Leonidas" aufzustellen, werden sicherlich in Kürze wieder einmal unangenehme Diskussionen ausbrechen, die Kunst und Politik vermischen.


Original-Posting im Sanctum

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