Donnerstag, 30. November 2006

Mehr Barda

Der allseits geschätzte Sean Kleefeldt hat die Freundlichkeit besessen, im Wettstreit um das beste Kirby Design, meinen eher bescheidenen Beitrag weiter unten zu verlinken. (Die kleine, aber feine Fangemeinde um die grosse Barda wächst - oder sie traut sich endlich hervor.) Von der blossen bewunderung einmal abgesehen, hat Mr. Kleefeld jedoch auch den Finger auf einen interessanten Punkt gelegt: Aus welchem Archetyp (oder Neotyp) speist sich eiegntlich dieses Design?
The interesting thing about Big Barda -- aside from the it shouldn't work but does idea -- is that no one has really looked past Lainie Kazan as the visual inspiration for the character. Now, while that may well suffice for her face and general body structure, that doesn't address her costume at all. Blue chain mail, yellow trunks and a red cape? Where's that come from?
Blaues Kettenhemd, gelbe Hose und ein rotes Cape?
Abgesehen davon, dass es nicht leicht ist, alle drei Primärfarben zu verwenden, ohne dass das Endergebnis in die Augen sticht, erscheint mir Big Bardas Rüstung eine Weiterentwicklung der technomagischen Designs zu sein, die im Asgard des Mächtigen Thor (man beachte die attraktiven aber vielleicht funktionslosen goldenen Metallscheiben auf den Kostümen beider Charaktere) begannen und in Kirbys New Gods brilliant weiterentwickelt wurden.

Mittwoch, 29. November 2006

Meine Nerven! (Minus 1)

Was für ein gelungener Tag.

Da hab' ich mich gerade aus einem Formtief hochgearbeitet und gehe frisch und munter daran, meine Liste dringender Projekte abzuarbeiten, konzentriere mich auf den Bildschirm und schiebe nachdenklich meine Unterlippe vor...

...und merke, dass da ein harter Krümel auf meiner Zungenspitze liegt.

Nein, nicht mangelndes Zahnputzverhalten... mir ist ein Eckzahn weggesplittert.

Also noch vor der Mittagspause zum Zahnarzt gegenüber (Hallo, Nachbar) und in tiefste Meditation, während über mir an einem Flachbildschirm ein tropisches Aquarium gezeigt wird und mindestens vier Hände, eine Schraubzwinge und andere merkwürdige Dinge meine Kiefer auseinanderzwingen...

Naja, einen Nerv zieht man sich auch nicht jeden Tag.

Meine arme Frau hat dann den Kleinen vom Kindnergarten abgeholt und einen längeren Spaziergang eingelegt, derweil ich zuhause mit taubem Gesicht, dicker Lippe und anhaltender Betäubung vormichjingrummelte. Das Jaulen konnte ich mir gerade noch verkneifen, aber zum Schreiben taugte ich dann doch nicht. Um meine Nerven zu beruhigen, warf ich die Kiste an und schaute mir ein paar alte Folgen der DC Adventures an. Batman vs. Mr. Freeze, tragisch... und ein paar Superman Cartoons aus den Fleischer Studios, aus den 40er Jahren. Das beruhigt.

Dienstag, 28. November 2006

Guck ma da oben

Ja, man kann die "Blogger Bar" auch in anderen Farben machen.
Und schwarz passt doch einfach besser, nicht wahr?

Kirby Design Wettstreit

Sean Kleefeldt, regelmässiger Kolumnist im Jack Kirby Collector, hat einen interessanten Ideenwettstreit in seinem Blog begonnen: Welcher der Hunderte von Charakteren, die Jack Kirby in den langen Jahrzehnten seiner kreativen Arbeit erschaffen hat, hat das einprägsamste oder eindruckvollste Design? (Einige Antworten auf diese Herausforderung hier, hier, hier, hier, hier und hier. Meine Antwort verfasste ich schon letztes Jahr.*)

Wie der aufmerksame Leser sicherlich bereits gemerkt hat, bin ich ebenfalls der Meinung, dass Jack Kirby es auf eine rätselhafte, ja fast magische Weise verstand, Charaktere und Ideen zu erschaffen, die sich auf archetypische Weise einprägen. Eine Pose, ein Design, die gebeugte Haltung des Unmenschen, die Handlung, die aus der Zweidimensionalität des Bildes herauszugreifen scheint – all dies kann sich dem Auge einbrennen, und selbst nach Jahrzehnten noch bildgetreu aus der Erinnerung aufsteigen.

Sich bei der Kirby Design Meme einzubringen, ist schwerer als man denken mag: Denn sich unter Hunderten Designs für den einen zu entscheiden, der auf mehr Ebenen wirkt als die anderen, kann nur arbiträr und momentan sein. Es gibt immer mehr als eine Antwort. Aber vielleicht geht es ja auch darum: Viele Antworten erst erschaffen die Vielschichtigkeit, die der Vielseitigkeit von Kirbys Mythographie angemessen erscheint.

* Ich stehe dazu. Und meine Colorierung der mächtigsten Kriegerin der Götterwelt ist natürlich auch sehr gefällig.)

Montag, 27. November 2006

Seltene Träume [4]

Ich warte auf die Fähre, die mich über diesen breiten, schlammschwarzen, ruhig dahin fließenden Fluss bringen soll. Neben mir wartet ein anderer Mann, sehr formell gekleidet mit einem schwarzen Anzug komplett mit steifem Kragen, schwarzer Krawatte und einem schwarzen Koffer in seiner rechten Hand.
Der Anleger auf dem wir stehen ist zwar lang, aber kaum mehr als ein paar faulige Bohlen, die mit Mühe auf verrotteten Pfeilern balancieren. An manchen Stellen ist er schon tief bis aufs Wasser herabgesunken, und die trägen Wellen des Flusses schlappten mit leisen Geräuschen über seinen verrottenden Rand.
Wir kommen nicht ins Gespräch, dieser Mann im Anzug und ich, dafür sind wir uns zu unterschiedlich. Endlich kommt die Fähre, ein flaches Boot aus dunklem, angefaultem Holz, das von einem Außenbordmotor vorangetrieben wird.
Der Mann im Anzug und ich nehmen unter dem Dach des Bootes Platz, das uns ein wenig Schutz vor der Sonne spendet, wo das dunkle Baumwolltuch nicht bereits durchgefault ist, schwarz von Regen und den üblen Gasen, die aus dem Flussschlamm steigen.
Der Mann im Anzug setzt sich sorgfältig, wie an einem Schreibtisch und hebt den schwarzen Koffer auf seine Knie. Mit einem ernsten Ausdruck legt er die Daumen auf die goldenen Verschlüsse und lässt sie aufschnappen. Er will nachsehen, was ihm seine Mutter eingepackt hat. Er hebt den Deckel des Koffers und blickt hinein, dann wendet er sich zu mir um und lässt den Koffer fallen.
Eine Flut von alten, teilweise altersgilben Zeitungen ergiesst sich über den schwarzen Bohlenboden des Bootes. Altmodische Photographien, altmodische Schriften bedecken die Füße des Mannes und starren zu mir empor.
Es ist unwahrscheinlich, dass so viele Zeitungen in einen einzigen schwarzen Koffer passen sollen, dachte ich.

Ein Brief an den Guru nebenan

54285b 11.06.1996









IM Rahmen unserer alljährlichen Aumpere-Messungen haben wir feststellen müssen, daß Sie einen Ihrem Rang unangemessenen Grad der Bekanntheit erreicht haben, den wir leider nicht mehr verringern können, ohne daß weitreichende Folgen für das gesamte Kontinuum der Interzonen eintreten würden. (Ol Sonuf Vaorsagi). Wir ernennen Sie deshalb zum Mahabrahma des derzeitigen Grabens ehrenhalber und fordern Sie hiermit auf, sich innerhalb der nächsten Periode einer Umschulung in einem unserer Zentren zu unterziehen, damit wir Sie weiterhin gewinnbringend an anderen Positionen sozialen und politischen Interesses einsetzen können. (Durchleutung der Verbindung Golden Dawn-Literatur-Comixscene). Wir hoffen weiterhin auf Ihre Mitarbeit an der Aufklärungsarbeit und dem Kampf gegen das Stumme Imperium.

In diesem Sinne, mit besten Grüßen,


Kode Albatross (Ialdabaoth)


Sonntag, 26. November 2006

Sonntags Spaziergang, noch ohne Krücken

Etwas Lokalkolorit zur Abwechslung: Klare Luft, das gelbe Laub raschelt unter den Füssen... Ein kleiner Blick in die Zukunft von Hamburg-Süd. War es erst gestern, als ich an einer Riesenbaustelle direkt am Bahnhof Neugraben vorbeikam? Anscheinend wird hier eine weitere Senioren-Wohnanlage erbaut. Schön für die alten Leute, meint meine Mutter; für die Cuxhavener Straße bedeutet das wohl, dass auf 1 km mindestens drei Altersheime zu sehen sind. Der gesamte Bereich Neuwiedenthal-Neugraben-Fischbek verliert langsam seinen eher dörflichen Charakter, den er sich trotz der Betonierung der 70er Jahre bewahren konnte.

In Neuwiedenthal kennt jeder das ominöse Haus 44, ein Hochhaus, das ebenfalls als Seniorenwohnanlage dient. Wie die Heuschrecken fallen die alten Leute (aber langsam, sehr langsam...) an ihren Gehhilfen und Stützkrücken bei schönem Wetter über die näher liegenden geschäfte her. Die Linie 240 Richtung Waldfrieden kutschiert ganze Wagenladungen rüstiger Wanderer oder in sich gekehrter Friedhofsgänger gen Süden, Durchschnittsalter 62. (59, wenn ich und meine Familie mitfahren...)

Heute spaziere ich durch das gilbende Laub, und mein kleiner Sohn deutet auf ein eindrucksvolles Haus, dessen hinterer Bereich unter dem Spitzdach eine gewaltige Balkonveranda aufweist. Das wär was, denke ich, und meine Frau weist mich darauf hin, dass es sich um ein Altersheim handelt.

Und dabei waren wir vor vier Minuten erst an einem anderen vorbeigekommen. Ich sehe eine SF-Kurzgeschichte vor meinem geistigen Auge. Das gesamte Süderelbe-Gebiet als Senioren-Kolonie... Besorgt mustere ich die grauen Haare in meinem Bart...

Sonntags Meditation

Zwei Gründe, warum mir der gestrige Tag ein wenig den Glauben an das Gute im Menschen wiedergegeben hat, oder daran, dass das Universum nicht doch ausschliesslich als Versuchsanordnung konstruiert wurde, um möglichst viele Intelligenzwesen per Dauerfrustration und Reizentzug kirre zu machen.



1. Keine Ahnung, wann ich das letzte Mal bei eBay geboten habe. Die letzten Erlebnisse in diesem inzwischen teilweise überschätzten Service waren nicht gerade förderlich für mein Selbstwertgefühl, aber auch nicht für meine Meinung über meine Mitsterblichen. Desto mehr Freude, dass ich geradezu unerwartet einen fetten kleinen Tradepaperback für einen lockeren Euro aus dem Netz gezogen habe. Eine nette Sammlung einer sechsteiligen Miniserie, die schön retro in SilverAge-Nostalgie schwelgt. (Und wieder eine Aneinanderreihung von Worten, die nur Eingeweihte verstehen wollen...)

Mann, was bin ich für ein Nerd.

Aber sparsam.



2. (Ohne Worte) >>>

Seltene Träume [3]

Die Stummen Botschafter kamen zu mir, und ihre wortlosen Gesten verspotteten meinen Schmerz. Hoch und hager waren sie, die Stummen Botschafter. Um ihre zungenlosen Köpfe lagen enge Ledermasken, mit bunten Teufelsfratzen bemalt. Aber sie hatten keine Öffnungen. Keinen Mund. Keine Augen. Was auch immer sie mir sagen wollten, es entzog sich meinem Verständnis, und so floh ich vor den großen Schatten, die ihre gestikulierenden Finger lang und verzerrt an die kahlen Wände warfen.

Seltene Träume [2]

Ich saß in einer Kneipe, einem meiner liebsten Orte, voll von Rauch, mit zwei Freunden und ihren Freundinnen. Der Tisch war voller Gläser, die dann verschwanden, als ich das Mädchen sah, das am anderen Ende des Sitzecks saß. Die Sitze waren alt, aus dunklem Holz und dunklem Leder, wie alles in der Kneipe, die finster und gemütlich war, als ob sie unterhalb der Erde lag. Das Mädchen war sehr schön, mit blondem kurzen Haar, das ihren Kopf in einem unordentlichen Pagenschnitt umgab, und sie lächelte mit einem Lächeln, das nicht von dieser Welt war Auf meine Frage, wer sie sei, antwortete einer meiner Freunde lachend, dass sie natürlich seine Schwester sei. Sie lachte auch und flirtete mit mir, während die anderen sich unterhielten und sich gegenseitig zum lachen brachten. Ich zögerte, aber dann begann auch ich sie zu kitzeln, und wir lachten, als ich neben ihr saß und wir uns umarmten, umarmten und uns nicht mehr loslassen wollten. Wir ließen uns auch nicht los, als wir uns in ihrem Zimmer, zurück in ihrem Haus liebten, auf einer Matratze, heiß und wild wie zwei Neugeborene, und wir hielten einander solange, bis wir einschliefen. Am nächsten Morgen machte ich uns beiden Frühstück und brachte es an unser Bett, wo sie bereits saß und sich die blonden Flusen aus der Stirn zupfte. Sie lächelte immer noch, wie ein Stern, aber irgendetwas war anders. Dann kamen Männer, um sie zu einer wichtigen Operation abzuholen, von der sie mir nichts gesagt hatte. Ratlos folgte ich ihnen, verlor aber ihre Spur und fand sie erst in dem Krankenhaus wieder, in dem sie operiert werden sollte Ich suchte sie, denn ich hatte Angst um sie, und als ich sie wieder fand, lag sie nackt, nur mit einem schmalen Laken, das ihre Brüste und Scham bedeckte, inmitten eines großen Operationssaales, der gar nicht wie ein Operationssaal aussah, sondern wie eine große, altertümliche Küche. Aus den Schränken mit ihren altertümlichen Schubladen, von denen die Farbe abblätterte, ragten Knoblauchkränze und zu große Tüten und Pakete, Flaschen und Gewürzbehälter. Es war unglaublich schmutzig, der Fliesenboden schmierig, und in den Waschbecken stapelte sich schmutziges, von Essensresten verkrustetes Geschirr. Doch das Schlimmste war, dass sie auf einem ganz gewöhnlichen Küchentisch lag, von Messerrillen und Blut- und Gewürzflecken verfärbt. Die Ärzte hatten wohl schon mit der Operation begonnen und waren dann fort gegangen, den ein tiefes, rotes Loch gähnte oberhalb ihrer Hüfte, und man sah die Muskeln dahinter. Ich wurde wütend, denn man hatte den Tisch nicht einmal abgeräumt, und ein Holzbrett mit einem großen Stück silbrigen Fisches, um das Fliegen summten, lag genau vor ihrer klaffenden Wunde auf dem Tisch. Sie lächelte, als sie mich sah, und mit ihrem strahlenden Lächeln sagte sie, ich solle mich nicht so erregen, es sei alles in Ordnung. Ich aber sah nur den silbernen Schimmer der blaugrauen Schuppen vor ihrem rot geöffneten Fleisch, ihrer zerschnittenen armen weichen Bauchhaut, und ich war wütend. Da kam eine große, resolute Schwester mit einem Steingesicht, und mit der Begründung, dass ich sie nicht aufregen solle, die Ruhe benötigte, zerrte sie mich weg. Aber ich tobte immer noch wegen des ranzigen Stück Fisches, das man neben ihr auf den Tisch gelegt hatte, als bestünde kein Unterschied zwischen ihnen. So verschwand sie, wie sie aufgetaucht war, ebenso plötzlich, wie ein Streichholz verlischt: einen Moment lang glaubte ich, noch eine Spur ihres Geruches zu spüren, und dann war sie fort.

Seltene Träume [1]

Er lag wie gelähmt auf seiner Couch. Über ihm, in dem diffusen Nebel reckte sich eine titanenhafte Gestalt, nackt, von Shorts und weißen Schweißbändern an den Handgelenken abgesehen, titanisch, nackt, wie ein Ringer. Der Mann auf der Couch keucht, er kann kaum atmen, während über ihm die Gestalt wächst und langsam Gestalt annimmt. Schweiß fließt in Strömen über das Gesicht des Mannes auf der Couch, er wirft den Arm hoch, wie um sich zu schützen, aber er schafft es nicht, seine Augen zu bergen, noch, sich gegen den perlenden Schweiß zu wehren. Die Gestalt über ihm reckt sich. Sie ist grün. Ihr Kopf ist seltsam klein und fast kugelrund, ein Kopf wie der von keinem Geschöpf von dieser Welt. Sie öffnet den Mund, und ihr weißes Gebiss, scharf und spitz, unförmig wie das eines Krokodils, glitzert inmitten des dunkelgrünen Nebels. Der grüne Leib glänzt wie mit Öl eingerieben. Das Gebiss eines Krokodils bleckt zu dem Mann auf der Couch herab, er stöhnt, und während er schaut, scheint das Gebiss zu wachsen, mehr Raum einzunehmen als der grüne Kopf der muskulösen Gestalt, zu wachsen (oder näher zukommen) Der Mann auf der Couch keucht, die scheußlichen Zähne riesengroß über ihm, und dann sind sie wieder normalgroß, die Gestalt reckt die titanischen, von Muskeln schweren Glieder und wirft den runden Kopf in den Nacken, dass er mit den triumphierenden Schatten verschmilzt. Und in den Schatten wachsen die weißen Fänge wieder in der grünen Visage, in dem Gesicht-das-kein-Gesicht ist, wächst, bleckt wieder die Zähne, sie wachsen, sie schrumpfen inmitten des runden Antlitzes, aber niemals verlieren sie ihren triumphierenden Ausdruck. Und dann erwache ich, schweißgebadet, und als ich erwache, begreife ich, dass dies Choronzon gewesen ist, der Dämon der Verzweiflung, der mich verhöhnt, verspottet, verhöhnt, weil er weiß, dass ich SIE niemals wieder sehen werde. Wie war es geschehen? Was war geschehen?

Donnerstag, 23. November 2006

23 : Halloween Return


23 Tage nach Halloween:
Wir kommen zurück!

(Spätestens im Oktober 2007.)
Notiz an die besorgten Eltern da draussen: Das obskure Handzeichen, das die kleine Hexe dort oben zeigt, stammt nicht aus einem wie auch immer gearteten religiösen Zusammenhang, sondern stellt das in der Vorschulklasse vereinbarte Zeichen dar, dass alle Kinder still sind und nur eines zur Zeit reden darf, Kein Scheiss. Was meinen Sie, wie entsetzt ich geschaut habe, als mir eine kleine Hand dies Zeichen das erste Mal in mein Mittagessen hinein machte?


Bei meiner wunderschönen Frau sieht es vielleicht anders aus :-)

Mittwoch, 22. November 2006

Urban Guerilla :: Erkennen eines Paradoxons

Zweite Etappe

In Tanelorn treffen wir auf die Mystische Stadt des Friedens, die auf dem Balancepunkt der grossen Waagschalen von Chaos und Ordnung ruht, gleichweit von jedem Extrem entfernt, Mittelpunkt der Millionen Sphären der Existenz. Dies ist das irdische Paradies das die Renaissance in dem Bild des Neuen Jerusalems ("Heiliger Friede") auszudrücken versuchte - ein wohlgeordneter Mikrokosmos, gleichweit entfernt von der perfekten Ordnung des Bauplanes und dem Chaos der Natur. Bereits vor dem Kommen der ersten Propheten und Patriarchen herrscht hier ein König der Gerechtigkeit - Melchisedek oder ähnlich genannt - im Namen des Höchsten Gottes, der namenlos und ohne heilige Schrift über dem Balancepunkt der grossen Waagschalen von Chaos und Ordnung ruht.

ein Ausschnitt
DAS KOSMISCHE TANELORN

Tanelorn lag vor ihnen.

Es war eine blaue Stadt, die eine starke blaue Aura umgab und sich mit der Weite des blauen Himmels mischte. Ihre Häuser waren von den verschiedensten Blautönen, so daß sie beinahe vielfarbig wirkten. Die hohen spitzen Türme und die gewaltigen Kuppeln schmiegten sich aneinander und hoben sich in phantasievollen Spiralen und Bogen gen Himmel, stolz auf ihre blaue Pracht, die von Tiefdunkelblau bis Hellviolett in ihren metallenen Formen glänzte.

„Das kann keine Stadt der Sterblichen sein“, flüsterte Corum, als er mit Jhary aus dem hohen Gras heraustrat. Fröstelnd wickelte er den scharlachroten Mantel fester um sich. Er fühlte sich so klein und unbedeutend, wenn er die herrliche Stadt betrachtete. [...]

„Ich fürchte, ich kann Euch nicht folgen. Ihr spracht von Frieden. Nun, dieses Tanelorn hier ist friedlich. Ihr sagtet, es gäbe viele Tanelorns, und sie existierten schon vor Anbeginn der Zeit und würden noch sein, wenn es keine Zeit mehr gibt. Wenn dieses Tanelorn nun fremdartiger ist, als jene, die Ihr kennt, was hat das schon zu sagen?“

Jhary holte tief Luft. „Ich glaube, ich beginne ein wenig zu verstehen. Wenn Tanelorn an dem einzigen Ort des Multiversums steht, der nicht dem ständigen Wechsel unterworfen ist, dann dient es vielleicht einem anderen Zweck, als nur der Erholung müder Helden und ähnlichem –“

„Ihr meint, uns drohe dort Gefahr?“

„Gefahr? Es hängt davon ab, was Ihr als gefährlich betrachtet. Manches Wissen mag für den einen gefährlich sein, für den anderen nicht. In der Sicherheit kann Gefahr liegen, wie wir selbst erfahren haben, und Sicherheit in der Gefahr. Wir kommen der Sicherheit nirgends näher, als im Erkennen eines Paradoxons und deshalb – ich hätte es schon eher in Betracht ziehen müssen – muß auch Tanelorn ein Paradoxon sein. Laßt uns in diese Stadt gehen, Corum, und herausfinden, warum wir hierhergeführt wurden.“

Michael Moorcock, Das Ende der Götter

Dienstag, 21. November 2006

NH in Print :: Erfolg/Magie

Denjenigen unter den Lesern, die auch einmal etwas von mir auf echtem Papier in den Händen halten wollen, empfehle ich erneut meine regelmässige Kolumne in der traditionsreichen Zeitschrift AHA (früher ABRAHADABRA). [Das Erscheinen dieser Ausgabe hat sich ein wenig verspätet, aber dafür sollte sie zum Jänner wieder auf Kurs liegen :-)]
Das Titelthema der aktuellen Ausgabe ist "Erfolg".
Mein Ko-Autor und ich haben es sich nicht nehmen lassen, dem höchst suspekten und höchst seltenen Gespenst des "erfolgreichen Magiers" nachzuspüren.
Warzen und Pferdedung eingeschlossen...

Die weiteren Artikel und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter AHA 5/ 2006 :: Oktober-November

Vom Dunklen ins Dunkel



Gerade aus dem herz der Dunkelheit (Berlin) zurückgekehrt, erreichte mich gestern die Meldung von einem neuerlichen Massaker an einer deutschen Schule (Emsdetten). Heute früh überschlagen sich die Meldungen, dass der Staat nun endlich einschreiten will. Prima, denkt sich der Normalverbraucher und -steuerzahler.

Angedacht ist vor allem ein Verbot gewaltverherrlichender Computerspiele.

Hallo? Hier scheint sich eine stumpfe Nachäffung amerikanischer Denkweisen breitzumachen. Gibt es hier auch eine NRA, die hinter allem steht? Eine FDA?

Wäre die erste Frage, die man sich stellen müsste nicht, zu verhindern, dass solche Taten nicht noch einmal geschehen können, statt ein pseudokulturelles Umfeld für Gewaltbereitschaft zu konstruieren?

Egal, die Frage sollte eigentlich diese sein: Scheissegal, was die Leute in ihrer Freizeit machen, wie kommen sie an die Waffen heran?

Ein 18jähriger sollte keine Maschinenpistole besitzen, egal ob er Ballerspiele spielt, oder das grosse Schlumpfspiel.

Der Amokläufer hinterliess einen Abschiebsbrief, in dem er feststellte, dass er in der Schule vor allem eglernt habe, dass er nichts wert sei.

Müssen wir jetzt auch das deutsche Schulsystem verbieten lassen?

Montag, 20. November 2006

Stinkstiefel Spam

Man freut sich ja, wenn jemand Anteil nimmt an den Werken, die man schafft. Und da die Kommentarfunktion eher selten genutzt wird, theoretisch um so mehr. Theoretisch.

Die Freude verringert sich aber, wenn der persönliche Abschnitt des virtuellen Raums von Blogspammern beschmiert wird. Können diese Leuten nicht wie früher einfach mit ihren eigenen Fäkalien auf die Wände ihrer Gummizelle schreiben?
--- An Invasion is a hostile action! ...
--- What happens in Europe is.. a Management of the entrance of immigrants... for that the persons walks in the 'Enjoy-Parasite'... that is to say, the majority of the Europeans [... the 'White Parasite']:
...steht dann z.B. da. Äh... genau. Schon schade, wenn man dem Babelfisch oder einem anderen Übersetzungsprogramm mehr traut als seinem eigenen verstand. Andererseits, wer glaubt, dass pseudopolitisches Gebrabbel besser wird, wenn man es in fremde Blogs spammt, der glaubt sicherlich auch, dass der Babelfisch weise ist wie ein Delphin. Oder dass man mit den eigenen Fäkalien an die Wände einer Gummizelle grosse Literatur schreiben kann.
-- Don't be Idiots!!!
--- The way to go... it isn't 'lick-the-boots' to the Majority

Freitag, 17. November 2006

Urban Guerilla :: Fluchtpunkt Tanelorn

Dies ist real: das Weichbild der Städte ist die ungeschützte Unterseite unserer Zivilisation. Und egal, wie sehr es die Städteplaner hoffen und erbitten, Stadt und Mensch bleiben amorph, sich wandelnd, chaotisch im Herzen, voller Schall und Wut - und bedeuten gar nichts.

Höchste Zeit, der Realität den Rücken zu kehren und zu einem Reiseführer für Orte zu greifen, die rein imaginär sind. Als Konstrukte einer Idee gibt es in ihnen kaum Widersprüche, sie eignen hervorragend als ein Symbol.

Erste Etappe

Das Ewige Tanelorn, von dem uns in den Chroniken der Zeitnomaden und des Schwarzen Schwertes berichtet wird, die Stadt der myriadenfachen Inkarnationen. Dieser Ort existiert in allen Dimensionen des Multiversums, aber er kann nicht leicht erreicht werden. Die Suche nach dieser Stadt ist immer auch die Suche nach einem spirituellen Ziel.

ein Ausschnitt
DAS EWIGE TANELORN

Tanelorn hatte im Laufe seiner endlosen Existenz vielerlei Gestalt getragen, doch alle diese Gestalten waren bis auf eine schön gewesen.

Auch jetzt bot es sich dem Blick wunderschön dar, das weiche Sonnenlicht auf den pastellfarbenen Türmen und den gekrümmten Spitzdächern und Kuppeln. Banner wehten an den Fahnenstangen, doch es waren keine Schlachtenbanner, denn die Krieger, die in Tanelorn eine neue Heimat gefunden hatten, waren des Kämpfens müde.

Die Stadt war schon immer hier gewesen. Niemand wußte, wann Tanelorn gebaut worden war, wenn auch einige wußten, daß es vor aller Zeit bestanden hatte und auch nach dem Ende der Zeit bestehen würde - und das war auch der Grund, warum die Stadt das Ewige Tanelorn genannt wurde.

Sie hatte in den Kämpfen vieler Helden und Götter eine wichtige Rolle gespielt, und weil sie außerhalb der Zeit bestand, war sie bei den Lords des Chaos verhaßt, die sie mehr als einmal hatten vernichten wollen. [...]

In Tanelorn gab es keine Anführer und keine Gefolgsleute, die Bürger lebten in Harmonie miteinander, auch wenn viele von ihnen große Krieger gewesen waren, ehe sie sich zu ihrem Leben hier entschlossen.

Michael Moorcock, Der Verzauberte Turm

Urban Guerilla :: Die Morphologie der Angst

Die Morphologie der Stadt entspricht ganz unromantisch der Morphologie des Menschen. Dies nicht nur, weil Morphologie immer eine Wissenschaft der Form ist, der Entstehung der Form und der Stabilität der Form. Sondern auch, weil die Morphologie der Stadt immer auch die Morphologie eines Menschen ist, die Morphologie der Angst. Man kann noch den Affen in ihr erkennen, oder den protourbanen Atavismus, das Grunzen und Stinken der Steinzeit.

Er verrät sich an seinen schmutzigen Händen, woher er gekommen ist und wo er hingehen will, dieser seltsame Affe, der sich in einem Netz aus Strassen und Wänden zu verstecken sucht. Die Morphologie unserer Städte ist die Morphologie menschlichen Strebens und Hoffens - kühne Träume, bange Ängste, verborgen hinter bröckelnden Ziegeln und kaltem Beton.

Dies ist real: das Weichbild der Städte ist die ungeschützte Unterseite unserer Zivilisation. Und egal, wie sehr es die Städteplaner hoffen und erbitten, Stadt und Mensch bleiben amorph, sich wandelnd, chaotisch im Herzen, voller Schall und Wut - und bedeuten gar nichts.

Höchste Zeit, der Realität den Rücken zu kehren und zu einem Reiseführer für Orte zu greifen, die rein imaginär sind. Als Konstrukte einer Idee gibt es in ihnen kaum Widersprüche, sie eignen hervorragend als ein Symbol.

Mittwoch, 15. November 2006

Fanboy :: Notting wrong with blasphemy, eh?

"If you film him from strange angles, you can make him look very sinister ... but he isn't really." Der Comedian Stewart Lee spricht mit dem unnachahmlichen Alan Moore über Religion, Magie, Fundamentalismus und den einen wahren Gott (eine Handpuppe namens Glycon).

Montag, 13. November 2006

Fanboy :: Neopolis go Springfield

Northants News : Writer drawn into Simpsons' show: "NORTHAMPTON writer Alan Moore is to feature in a forthcoming episode of The Simpsons. Moore, aged 53, recorded his lines at The Lodge studios in Abington Square last month for an episode which will be called Husbands and Knives. [...]
He features in a sub-plot which sees a new 'cool' comic shop opening in Springfield in competition with the Android's Dungeon, run by Comic Book Guy who is voiced by Hank Azaria. The new shop has persuaded Moore to make a public appearance. In reality, Mr Moore rarely makes publicity appearances, preferring to concentrate on his prolific output of work. This has earned him a reputation in America as a recluse although in Northampton he has a wide network of long-time friends and family."

Es klingt ein wenig wie der feuchte Traum eines Supernerds, aber schauen wir mal.
Irgendwie kann ich Alan Moore nur bewundern. Er will einfach nur zuhause sitzen und schreiben und seine Magick machen, alles andere kann ihm den Buckel herunterrutschen. Er hat New York und Hollywood gesehen. Das wirklich Interessante liegt zu Hause. Wahrscheinlich sitzt er abends mit seinen Droogs und Neophyten im Pub, oder bei einer laudanumgetränkten Hookah, und freut sich wie ein Schneemann, es nicht nötig zu haben, dauernd um die Welt zu jetsetten. Das, Dorothy, ist echter Stil.

Sonntag, 12. November 2006

Ein Lied im Regen

Das Wochenende ist endlich vorbei, jetzt geht's wieder um die lustigen Dinge im Leben: Sex, Drugs und Rock'n'Roll.
Allerdings ist meine Drogenzeit schon lange vorbei, also bleiben wir bei den gesundheitlich verträglicheren Dingen.
Freitags ist ein Kollege von der Band vorbei gekommen und hat auf meiner Akkustikklampfe unter meinem kritischen Auge ein paar Eigenkompositionen weiterentwickelt, sehr zur Freude meiner Kinder.
Zuerst sind sie weggelaufen, aber dann durfte der Dreijährige anschlagen, derweil mein Compadre die Saiten gegriffen hat. Rhythmusgefühl hat er wohl.
Derweil suchte ich händeringend auf meiner Festplatte, meinen Notizbüchern und evrschiedenen Servern den einen Text, den ich auf die eine Komposition geschrieben hatte. Leider vergeblich, also aus dem FF neudichten, bzw. geschickt in die Kiste mit den Altdichtungen greifen. In den zwei bis drei Stunden, wo wir relativ ungestört klampfen konnten, haben wir drei Songs zusammengebastelt, die man ohne Schwierigkeit bei der nächsten Probe einstudieren könnte:

"Superhuman Blues"
"The Rain"
"Barmbek South (reloaded)"

Geht doch.

Samstag, 11. November 2006

Fanboy :: Jack Kirby Netz Check (3)

Es gibt immer noch zu wenig Liebe & Verehrung für Jack Kirby in diesen Breiten. Vielleicht sollte man es deswegen mal mit einem audiovisuellen Angriff versuchen - für die nachzügler da draussen janz modern als kleiner Videoclip.


Jack Kirby & Marvel Comics


Jack Kirby Interview

Prototypen

Comics Should Be Good >> Proto-Friday von Greg Hatcher: "something that has always fascinated me — tracing the ancestry of pop culture figures. Where do these things COME from? Who ARE the ‘prototype’ characters for the marquee comics characters of today? Are any of them still around?"

Etwas, das mich auch interessiert, aber da ich zu faul bin, noch mehr Worte darüber zu verlieren, verweise ich einfach auf diesen netten Überblick über den Übergang vom Pulp zum Comic: The Shadow, Zorro, The Spider, The Black Bat, Gladiator als mögliche Vorbilder oder verwandte Figuren für die quintessentiellen Superhelden des Golden Age, Batman und Superman.

Donnerstag, 9. November 2006

Alle Macht dem Qunintenzirkel

Setzen Sie Ihr Vertrauen nicht in die Suchmaschine.
Setzen Sie Ihr Vertrauen nicht in den Autoren.
Am besten, Sie setzen Ihr Vertrauen nicht einmal in sich selbst...

Einer der Vorteile, die das Hypertexttransferprotokoll, und überhaupt die ganze Metatextualität des Internets hat, ist dass man selbst nachsehen kann, warum die Leute auf die Seiten gelangen, die man selbst anbietet. Deswegen ist mir z.B. längst klar, dass ein Eintrag wie "Magnus Schevings XXX Mediaporn" die Klicks nach oben schnellen lassen wird, und dass wenn man bei Suchmaschinen nicht Anführungszeichen benutzt - oder eine andere Art der verknüpfung - man nicht unbedingt das bekommt, was man sucht. Man bekommt allerdings auch nur das, was man selbst in die Suchmatrix eingibt.

Wer also einen nervösen Finger hat, und statt "Quintenzirkel" "Qunintenzirkel" eingibt, kommt wahrscheinlich nicht zu einer Seite über Musik, sondern gelangt auf eine Seite von NEMED HOUSE und darf einen meiner allseits vielgeschätzten Tippfehler bewundern:
Einen Augenblick lang mag man vielleicht glauben, diese Zahlen sind aus gängigen Monitorabmessungen abgeleitet, oder vielleicht aus dem 360°-Kreis, der unsere gesamte Weltsicht seit den Babyloniern prägt... oder aus dem Qunintenzirkel, dem Grundungsdatum der Freien Republik Katatonien... weit gefehlt... nichts erleuchtet diese Zahlen. Dunkel, sehr dunkel.
Ja, dunkel, sehr dunkel.
Also, seid vorsichtig, was ihr sucht...
...ihr könntet es vielleicht bekommen.

In der Zwischenzeit habe ich mir erlaubt, den Tippfehler schnell zu korrigieren. D.h., der nächste, der sich so vertippt, landet wahrscheinlich genau hier.

Wer war Goldorak?

Ich gebe es zu: Ich bin ein Nerd. Ich begeistere mich für Dinge, die kein vernünftiger Mensch cool findet. Und ich mache mir Gedanken um Sachen, die wahrscheinlich vollkommen irrelevant sind, statt mich um Dinge zu kümmern, die wahrscheinlich wichtiger sind. Tief in meinem Herzen bin ich – hinter all den Warzen und grauen Haaren – immer noch ein Fanboy.


Positiv gesehen kann ich mich immer noch für Dinge begeistern, ohne in die lethargische Stasis des Alters abzurutschen. Und ich merke mir den ganzen Mist auch noch, je esoterischer desto besser. (Und ich rede hier nicht von Hermetica – sondern von den wirklich esoterischen Dingen, die nur Eingeweihte zu schätzen wissen: Die Trivia des Trivialen, Gimmicks, Gadgets, Eastereggs, der ganze glorreiche und lächerliche Kram, der aus dem Auge der Allgemeinheit schon längst verschwunden ist.)


Als ich ein kleiner Junge war, liebte ich Goldorak. Wer ist Goldorak? Kein Schwein kennt Goldorak. Selbst ich konnte eigentlich nie sagen, wer Goldorak war.


Mein Auge fiel auf ihn während der alljährlichen Sommerferientouren durch Frankreich mit meinen Eltern, und entzündete kindliche Besitzgier. Mindestens einen Sommer lang muss ich meine Eltern jeden Tag stundenlang in den Ohren mit Goldorak gelegen haben. (Sicherlich versicherte ich ihnen auch in den höchsten Tönen, wie cool Goldorak war, wenn ich das Wort ‚cool’ damals schon gekannt hätte.) Damals waren meine Sammlerinstinkte noch nicht ausgeprägt, und von der kulturellen Qualität des Objektes meiner Begierde waren meine Eltern sicherlich auch nicht so überzeugt. Heute, da ich selber Kinder habe, kann ich das gut nachvollziehen. Aber wie alle Eltern gaben auch meine irgendwann nach, damit man seine Ruhe hatte und kaufte dem Sprössling den Scheiß.


Ich kann nicht sagen, dass mich der Besitz einer 40 cm großen Plastikfigur mit relativ schwacher Beweglichkeit zum Besseren verändert hat. Immerhin konnte man die Schulterstücke herausziehen und in der grob perforierten Faust zu einer Art Doppelhacke zusammenstecken.


Und dass Goldorak ziemlich steif dastand, war auch erklärlich, schließlich handelte es sich ja um einen Roboter, oder so etwas ähnliches, der eine schwache Ähnlichkeit mit einem Samurai hatte. Um das Rätsel zu lösen, besorgte ich mir zusätzlich ein auf schlechtes Papier gedrucktes Heft mit ungewöhnlich großflächigen, simplifizierten Zeichnungen, die mich weitgehend aufklärten, dass es sich nicht nur um einen Roboter, sondern um einen von einem Piloten gesteuerten Riesenroboter handelte. Und Außerirdische. Mal etwas anderes als der ziselierte Ligne Claire-Stil, den ich bisher von franco-belgischen Comics wie Tim und Struppi kannte. Nicht, dass ich ein Wort von diesem französischen Exemplar eines der ersten in Europa erscheinenden Mangas verstanden hätte. Ich sagte ja: wirklich esoterische Dinge.

Ich denke, Goldorak ging den Weg allen Fleisches, bzw. den typischen Gang, den auch meine erste Comicsammlung gehen musste. Ich wurde zu alt für den Scheiss. Oder meine Eltern erklärten mir, dass ich zu alt für den Scheiss wäre und legten mir nahe, den Kram schnell beim nächsten Flohmarkt zu versilbern, sonst würde er bald die Mülltonne zieren, da er eh so wertlos sei.

Die Ironie, und eine Lektion an Eltern überall auf der Welt: Würde man seine alten Comics behalten und erst im Alter versilbern, könnte man davon bequem die Studiengebühren bezahlen. Und Goldorak hab ich gestern Nacht bei eBay wieder gesehen. So um die 70 € sollte er kosten. Einen Augenblick war ich wirklich in Versuchung.


Aber so ein großer Nerd bin ich dann doch nicht.

Mittwoch, 8. November 2006

Kniescheibenrocken

Sonntag war die erste echte Bandprobe. Locker.
Ohne Rehearsal Area, nur so vier Typen in einem Wohnzimmer. Wir haben nicht mal ein Drumset gebraucht, eine tibetanische Handtrommel hat auch gereicht.
In weniger als drei Stunden haben wir erstmal das Set besprochen - erstmal ein Huafen Covers, damit man das miteinander spielen lernt, klar. So haben wohl alle Bands angefangen. McCartney ist bei den Beatles auch nur eingestiegen, weil er fehlerfrei, aber auf links ein Lied von Eddie Cochrane klampfen konnte. Mit allen Lyrics.

Stand der Dinge:
Drei Songs spielbar einstudiert.
"Ace of Spades" - Motörhead
"Sympathy for the Devil" - Rolling Stones
"The Crystal Ship" - The Doors (Zugabe, :-)

Ganz gut für den ersten Abend.

Samstag, 4. November 2006

Nemed House Online :: Schwarzer Herbst (2)

My-Lands - Parallel City Magazine: Kapitel 2 (November 2006): "Ich drehte das Notizbuch in meiner Hand, ein altes, abgegriffenes Exemplar, zerfleddert und eselsohrig. Die Bleistiftnotizen, die jede Seite bedeckten, waren in der Handschrift eines Mannes, den ich nicht mehr kannte. Es war schon lange her, dass ich Jacks Nummer angeschaut hatte, merkte ich. Er war Teil einer Vergangenheit geworden, von der ich gerade eben noch gedacht hatte, dass sie Gegenwart war."

Mittwoch, 1. November 2006

Ein Tag nach Halloween...

...ist glaube ich Allerheiligen. Das war auch, was ich mir am nächsten Morgen dachte: "Bei allen Heiligen, dieser Schmerzzzzz!"

Halloween war's, die dunkle Nacht, in der die Tore zur Anderswelt sich öffnen und die Schatten und Schemen der Verstorbenen umherstreifen. Gut, die meisten Schatten und Schemen, die umherstreiften, waren kleine bis mittlere Kinder in schlechten bis nichtvorhandenen Kostümen, die Schutzgeld von den Nachbarn in Form von Süßigkeiten erpressten. "Bis nächstes Jahr!", klingt nicht wirklich angenehm aus dem Mund kleiner Hexen und Gespenster. Wenn Dreijährige gegen Türen treten und krakeelen: "Komm raus, komm raus, ich weiss, dass ihr da seid!", klingt es auch nicht viel besser. Da drückt sich der kunstvoll als Pestleiche geschminkte Pappa doch unauffällig in die Schatten der Ligusterhecken und zündet sich schnell eine Kippe an. Der Mond hing fast voll in einer bleichen Wolke am Himmel, wie hineingebrannt in die Finsternis.

Und dann setzte ein eisiger Wind ein.

Etwa um 21:00 Uhr kamen die Kinder von ihrem Zuckerrausch soweit herunter, dass sie schlagartig einschliefen. Eine Stunde später konnte man sich dann auch mal ein Bier aufmachen, aber irgendwie war man doch müde. Die anschliessende Seance mit legasthenischen Geistern, die sich dem Ouija-Board komplett verweigerten, das morbide Kerzenlicht. das die Nachrichten aus der Zwischenwelt auch nicht gerade klarer machten, steigerte noch die Müdigkeit. Um 0:30 legte ich mich ins Bett. Das weiss ich noch, denn ich hab die Leuchtziffern der Uhr noch gesehen. Ungefähr zehn Sekunden später muss ich eingeschlafen sein, wie ein Toter.

Am nächsten Morgen steckte mir der Samhainwind in den Knochen, und ich humpelte herum wie eine Mischung aus Tattergreis und Knochengerüst, die tränenden Augen rot von übriggebliebener Schminke. Gut, die anderen Eltern, die ihre Kinder zur Schule brachten, sahen auch nicht viel besser aus. Der Morgen der lebenden Leichen... Jetzt weiss ich wenigstens, wie die Geschichten von den Geistern und Gespensern entstanden sind.

Alles in allem: ein gelungener Abend.