OMAC (One-Man Army Corps) ist eines der letzten Werke, das Jack Kirby in seiner Zeit bei DC Mitte der 70er Jahre erschuf. Wie auch bei den anderen Werken aus dieser Zeit und dem folgenden hatte sich Kirby von dem reinen Superhelden-Topos abgewandt und nutzte verstärkt Science-Fiction-Elemente, ein Genre, das er seit seiner Jugend sehr schätzte. In dieser Zeit arbeitete Kirby nicht nur als Zeichner, sondern auch noch als Autor und Redakteur seiner eigenen Serien, die dadurch einen ganz besonderen Charakter bekamen, der mit den formelhaften Geschichten anderer Serie in schrillem Kontrast standen.
Kirbys Produktivität ist legendär – mit den Ideen, die er auf zwei Seiten aus dem Ärmel schüttelte, hätten andere Autoren locker zwei Hefte füllen können. OMAC, aber auch die Fourth World und vor allem KAMANDI („die Abenteuer des letzten Jungen auf Erden“), und später bei Marvel THE ETERNALS, BLACK PANTHER und 2001 sprengten durch die schiere Menge visionärer Konzepte den Rahmen, den die Industrie vorgab. Kirby testete in dieser Zeit die Grenzen des Mediums – viele der Dinge, die er zu dieser Zeit ausprobierte, waren ihrer Zeit weit voraus.
OMAC ist kein Superhelden-Comic, sondern führt die Science-Fiction-Action, die bereits Kirbys Arbeit an den Fantastischen Vier kennzeichnete, auf ein noch höheres Niveau. Diesmal ist es nicht ein phantastische Jetztzeit, in der skurill gekleidete Helden und Schurken sich bekämpfen, die gesamte Welt ist skurill geworden und bekämpft sich selbst. Es ist die Welt einer nicht näher gekennzeichneten Zukunft - „die Welt, die kommen wird!“ Es ist – wie KAMANDI – eine dystopische Zukunft, aber zu OMACs Zeiten kämpft man noch gegen den Untergang der Zivilisation an. (Quälende Andeutungen späterer Jahre legen nahe, dass OMAC Kamandis Großvater war, dass der Kampf gegen den Untergang also letztendlich vergeblich war, und die „Große Katastrophe“ kommen würde, in der die menschliche Welt untergeht und die Erde schliesslich von hochintelligenten Tieren bewohnt wird, während der Mensch auf das Niveau von Tieren herabgefallen ist.)
Kirby als visueller Mensch erschuf seine SF-Parallelwelten schneller und kompletter, als jeder Autor sie beschreiben konnte, und das schloss ihn selber ein. Sie sind visuelle Achterbahnfahrten von hohem Tempo, bei denen manches Mal die Feinheiten auf der Strecke liegen bleiben. Dennoch wirken sie – Jahre später – auf surreale Weise prophetisch. Die „Welt, die kommen wird“ ist eine klar zu erkennende Weiterentwicklung der Welt am Abgrund, wie die Mitte der 70er Jahre sie kannte. Die Welt ist in einem delikaten Gleichgewicht des Schreckens, multinationale Konzerne und globale Verschwörungen haben mehr Einfluß als jede Nation. Die einzige unabhängige Polizei ist die Global Peace Agency, die stets mit gesichtslosen Masken auftritt, um Herkunft und Geschlecht zu verbergen. Sie arbeiten mit pazifistischen und hochgeradig futuristischen Waffen. Das Gleichgewicht ist inzwischen zu zerbrechlich geworden, um große Armeen einsetzen zu können.
In dieser Welt begegnen wir einem Niemand namens Buddy Blank, wobei dieser nondeskriptive Name vielleicht sogar nur ein Codename ist. Buddy Blank ist, ohne es zu wissen, „Bruder“ der künstlichen Intelligenz, die als Satellit die Erde umkreist: Brother Eye.
Buddy Blank ist, ohne es zu wissen, OMAC.
Die Ein-Mann-Armee.
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