Fortsetzung von Nemed House: Amadeus auf der Flusswelt (2)
Weit, wie der unermeßliche, endlose Ozean, breitete sich die Wüste aus; glühend brannte die Sonne hernieder, und über dem heißen Sande zitterte ein flackernder Schein, das darüber hinschweifende Auge schmerzend und blendend. Fünf lebende Wesen waren in der trostlosen Einöde sichtbar; ein Reiter, sein Pferd und drei Aasgeier, welche hoch in der Luft den beiden Ersteren folgten, als ob sie nur des Augenblicks warteten, an welchem beide vor Erschöpfung zusammensinken und ihnen zur willkommenen Beute werden sollten...
Der Wanderer war ein noch junger Mann von etwas mehr als dreißig Jahren, oder um genauer zu sein: von dem genauen biologischen Alter, indem er in seiner früheren Existenz gestorben war, an dem, was man zu seiner Zeit ein "hitziges Frieselfieber" genannt hatte.
Er trug die gewöhnliche Tracht der Prairiejäger, ein ledernes, ausgefranstes Jagdhemd, ebensolche Leggins und Mokkassins und auf dem Kopfe einen Filzhut, dessen Farbe und Gestalt erraten ließen, daß sein Besitzer schon seit geraumer Zeit nicht mit der Zivilisation in Berührung gekommen sei. Seine erschöpften Züge mit den Pockennarben, früher vielleicht geist- und lebensvoll, seine trüben, gläsernen Augen, seine kurzgeschnittenen, verschwitzten Haare und die krampfhaft um die Büchse geballte Hand ließen erraten, daß er kaum mehr vermöge, den Entbehrungen und Anstrengungen des Rittes Widerstand zu leisten.
Schon seit gestern früh hatten alle erkennbaren Pfade aufgehört, und er besaß keine anderen Wegweiser als den Kompaß und die Gestirne des Himmels. Je tiefer er in die Öde hineinritt, desto tiefer entfernte er sich auch von allen Zeichen menschlicher Existenz, und manchmal schien es ihm, als würde sich auch sein verstand immer weiter entfernen und in einer dunklen Ödnis und Leere versinken. Hier in der Wüste schienen die Sterne andere Konstellationen zu bilden, und des Nachts schienen sie über dem endlosen Ozean aus Sand zu tanzen, trügerisch und verwirrend. Manchmal glaubte er, hinter den eisigen Sternenfunken im dunklen Himmel zu erkennen, für was sie ein Abbild waren, und dann erwachte er schreiend aus seiner Betäubung, denn ihm war als sähen titanische Gesichter hinter dem Nachthimmel hervor.
Ebenso ermattet wie er war auch sein Pferd. Es war, das konnte man sofort erkennen, ein aus der Herde gefangener Mustang, vor wenigen Tagen jedenfalls noch voll Mut, Kraft und Ausdauer, jetzt aber gebrochen und bis auf den letzten Rest seiner Kräfte abgetrieben. Die Zunge hing ihm trocken zwischen den Zähnen hervor, die Augen schienen mit Blut unterlaufen, und nur mechanisch schleppte es sich Schritt um Schritt in dem tiefen Sande weiter.
Seit drei Tagen war kein Tropfen Wassers über seine glühenden Lippen gekommen und mit einem trostlosen Blicke beobachtete er die Geier, welche sich immer weiter niedersenkten, je langsamer und strauchelnder die Bewegungen seines erschöpften Pferdes wurden. Sie ruhten nicht, sie aßen nicht. Unberührt von Wüste und Mensch folgten sie ihm hoch in der Luft und warteten. Warteten.
Das Pferd stand endlich still und war nicht weiter fortzubringen; es zitterte an allen Gliedern und drohte, bei der ersten erzwungenen Anstrengung umzusinken.
„Also bis hierher und – jedenfalls – nicht weiter!“ murmelte der Fremde. „Gibt's denn keine Rettung für mich und Dich, mein braves Tier?“
Das Pferd schnaubte und verhielt dann, das rollende Auge den drei Schattenrissen zugewandt, die gnadenlos und ohne zu ermüden über ihren Häuptern kreisten, kreisten, kreisten ---
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