Mittwoch, 30. November 2005

Tubbyterror

Es gibt Dinge, die das normale Grauen übersteigen... Dinge, vor denen jede berechtigte Furcht vor Mensch, Politik, Religion, Geld, Wetter, Mode, Gravitationskonstante oder evolutionärer Druck verblassen muss. Missgestalte Kreaturen erheben aus den Tiefen der Erde, deformierte Köpfe, in denen tote stumpfe Plastikaugen glänzen...

Ein, zwei, drei – vier Teletubbies!

Sind die Teletubbies überhaupt Lebewesen in unserem Sinne? Ausser dem Babyspeck gibt es kein offensichtliches Anzeichen dafür, dass bei ihnen eine Veränderung, ein Wachstum stattfindet. Sie sind, wie andere Kunstfiguren auch, in einem ewigen Moment kindlicher Geschlechtslosigkeit eingefroren. Und das ganz wortwörtlich, denn bei keinem dieser Wesen sind Genitalien nachzuweisen.

Schauen wir es doch an, dieses traurige Leben, durch das sie brabbelnd und rülpsend tollen. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um einen Versuch einer hochstehenden Roboterzivilisation handelt, asexuelles künstliches Leben zu erzeugen. So erklären sich auch die standardisierten Pantomimen, mit denen die Teletubbies ihren streng reglementierten Tagesablauf bestreiten. Es sind psychosexuelle Rituale, mit denen die geistige und emotionale Entwicklung normalen Lebens simuliert werden soll. Sie sind Plüschcyborgs, der rosige Schleim, mit dem sie fortwährend gefüttert werden, scheint vor allem dazu zu dienen, ihre Fernsehorgane anzutreiben.

Ihr heimisches Biotop ist eine künstliche Landschaft, aufgeschüttet, um ihnen eine Simulation unbeschwerter Kindheit zu ermöglichen. Die bunten Blumen sorgsam abgezirkelt, und dazwischen Hoppelhäschen.

Wie niedlich! Oder haben diese unschuldigen Tierchen vielleicht sogar einen Nutzen?
Leiten Sie etwa das gottlose Experiment, wie die Mäuse den Computer Erde?
Andererseits muss der rosige Schleim, mit dem die Teletubbies ernährt werden, ja auch aus irgendetwas bestehen. Ist es da vermessen, anzunehmen, dass es sich bei diesem Park um ein autarkes System handelt, und die Hoppelhasen, die oben den Rasen kurz halten, unten von der Maschinerie, die alles kontrolliert, in Tubbybrei umgewandelt wird? Soylent Pink ist Hasenfleisch…

Wir alle wissen, dass es sich bei ihnen um widerliche kleine Außerirdische handeln muss. Gezüchtet auf einer Farm, ohne „menschliche“ Bezugsperson. Die einzige Möglichkeit zum Austausch ist ein Staubsauger. Wundert man sich, wenn Tubbyschmusen imemr ein wenig aussieht wie wechselseitige Masturbation?

Vielleicht fungieren die antennenähnlichen Fortsätze, in denen ihre Köpfe enden, sowohl als Empfänger als auch als Sender ihrer psychosexuellen Programmierungen. Auffällig ist jedenfalls, dass zwei der Tubbies aufstrebende, phallische Antennen aufweisen, zwei jedoch solche mit Aussparungen oder Öffnungen, die das Bild einer Vulva invozieren. Falls diese Lebensform jemals aus dem Larvenstadium treten sollte, wird sich hier wahrscheinlich das biotechnische Äquivalent des Genitals entwickeln.

Die Frage stellt sich also nicht, ob der lila Tubby homosexuell ist. Sie sind alle gleichermassen geschlechtslos, aber er hat eine vaginaartige Antenne, und die psychosexuelle Rolle, die er von seinen unsichtbaren Herren empfängt, ist eine feminine. Und der dunkelgesichtige Tubby, das maschinelle Äquivalent des Quotennegers, hat natürlich auch die längste Antenne von allen.
Beunruhigend, oder? Wie niedlich? Oder verbirgt sich hinter diesen grellen Farben etwas wirklich Grauenhaftes?

Dies ist kein wirkliches Leben, sondern nur die Simulation von Rollen. Ein Verhalten, das unter Menschen Anlass zur Sorge und Wut geben würde, natürlich aber nicht unter den in Plüsch gehüllten Cyborgs, die irgendwo am Rande des Sonnensystems in einer hermetisch abgeschlossenen Umwelt herangezüchtet werden.

Der rosa Schleim fliesst weiter, und vier groteske Gestalten wanken durch eine aseptische Welt, ihre sinnlosen Rituale zelebrierend, von denen sie hoffen, dass sie sie irgendwann in echtes Leben verwandeln.

Die „Teletubbies“ erscheinen jeden Morgen um 9:00 Uhr auf den heimischen Bildschirmen, wenn man Kleinkinder oder andere geistig minderbemittelte im Haushalt hat. Gegen diese Form außerirdischen Teleterrors können wir uns nur durchsetzen, wenn wir uns bereits den Anfängen wehren. Vergesst nicht das Alamo! Soylent Pink ist Hasenfleisch!! Streitet gegen die Aliens im Namen von Satan, Bugs Bunny und mir!

Montag, 28. November 2005

Nun weiss ich endlich, woher's kommt...



...dass manchen Menschen so die Köpfe rauchen. Es ist einfach nur der Schmerz der Injektion allt�glichen Wahnsinns. Hier hübsch erklärt als Teufelchen, aber ganz ehrlich, der gute Mann hier sieht eigentlich zu harmlos aus. In Wirklichkeit ist es das wahrhaft Böse, was manche Menschen so quält... andere Menschen.

Titelbild einer Broschüre von 1951 (?) aus dem Hocheneck Verlag (Hamm/Westf.), nach einem Manuskripft von Rektor Gerhard Hüffmann...
Arbeits und Lesebogen für die Oberklasse (8. und 9. Schuljahr) der Volksschulen, für die Mittelstufe der höheren Schulen und für alle Klassen der Berufsschulen.
Speziellen Dank an meine gute Freundin Sonja, diesen graphischen Schatz zugänglich gemacht zu haben.

Freitag, 25. November 2005

Planet X :: Im Reich der Archosaurier

(Aus den Reisebeschreibungen einer fremden Welt)

Die Fauna und Flora dieses Planeten war ganz anders als die Erde – und doch sehr ähnlich, denn beiden lagen die gleichen Gesetze zugrunde, die die Entwicklung der Arten und ihre Ausbreitung in den verschiedenen ökologischen Nischen regulierten. Dies war keine Phantasiewelt voller fleischfressender Riesen, obwohl es auch von diesen eine Menge gab. Aber auch hier reichte die Futterkette herab bis zu den Aasfressern und den Pflanzenfressern, in einem teilweise erstaunlichen Artenreichtum, der verschiedene Grundformen auf aberwitzige Weise variierte und vervielfältigte. Im Schatten der urzeitlichen Pilzwälder und den Gehegen der primitiven Koniferen, Arakarien, Schachtelhalme und Bärlappgewächse, vor allem aber der gigantischen Farne, wimmelte es von heimlichem und immer wieder unerwartet hervorbrechendem Leben.
Das Landleben entsprach ungefähr dem Entwicklungsstadium der irdischen Trias, die einen Zeitraum von 225 bis 190 Millionen Jahren vor der christlichen Zeitrechnung eingenommen hatte. Wie auf der Erde waren die am weitesten entwickelten Landlebewesen, neben den Insekten und den insektoiden Riesenungeheuern – T’chmeer von den Eingeborenen genannt – reptilienartige Wesen. Aber während auf der Erde die urzeitlichen Reptilien oder Archosaurier sich einerseits zu echten Echsen, auf der anderen Seite zu den Vorfahren der Dinosaurier und Vögel entwickelt hatten, war die Entwicklung hier anders vor sich gegangen. Die Archosaurier hatten nicht, wie auf der Erde, längere Hinterbeine entwickelt, die etwas mehr unter den Körper gestellt waren, und so schließlich gelernt, auf dem Schwanz balancierend, aufrecht zu gehen. Sie waren zum großen Teil auf ihren vier Beinen stehen geblieben. Auf diesem Planeten war die Verteilung von Wasser und Land umgekehrt als auf der Erde, und das Leben hatte schon früh lernen müssen, in den Dickichten der Urwälder voranzukommen. Die wenigen Reptilienartigen, die auf den Hinterbeinen liefen, waren aggressive kleine Fleischfresser, die in Rudeln jagten. Die meisten anderen schienen direkte Verwandte der Krokodile zu sein, die sich auf der Erde ja ebenfalls während der Trias entwickelt hatten, auf dem Urkontinent Pangäa, an den Ufern des Tethysmeeres.
In den Süßwassermeeren und Flüssen gab es kleinere Archosaurier, die mehr Eidechsen ähnelten und an Land relativ unbeholfen mit seitlich gespreizten Beinen herumkrochen. Im Wasser jedoch waren sie recht flink und geschickt, wobei ihnen vor allem auch die langen, peitschenartigen Schwänze halfen. Größere Verwandte stapften zwischen den Pilzdächern herum. Sie waren Pflanzenfresser und ähnelten eher dem schwer gebauten Shansisuchus der Erde, oder dem flachen und langgestreckten Stagonolepsis.
Und dann gab es noch verschiedene Arten kurz- und langbeiniger Krokodilartige, die teilweise recht erstaunliche Längen erreichten. Sie hatten eine vergrößerte Schrittlänge als ihre Verwandten, da sie gelernt hatten, ihre Gliedmaßen aus den Schultern und Hüften zu bewegen, statt wie die Kriecher hauptsächlich aus den Ellbogen und Knien.
Nicht alle sahen so harmlos aus wie der Protosuchus, das Urkrokodil, das man in den Triasschichten Nordamerikas gefunden hatte.
Einige hatten die keilförmige Schädelform der Krokodile in überlange Schnäbel verwandelt, die von dolchartigen Zähnen starrten, und bei einigen hatten sich auf dem höckerig gepanzerten Rücken gefährliche Stachel entwickelt, so dass sie mehr kleinen, agilen – und umso gefährlicheren – Ankylosauriern ähnelten. Ich glaube, sie waren an das Leben sowohl im Wasser wie an Land angepasst, denn ihnen entging selten ein Opfer.
Sie waren natürlich – bis auf eine Ausnahme – allesamt Fleischfresser.
Und fürchterliche Räuber.    

Donnerstag, 24. November 2005

Mythostrukturen :: Dynastiemodell 0.1

Ein schönes Beispiel mythostruktureller Analyse, das ich vor einiger Zeit im Netz gefunden habe und das ich gleich in meine kleine Sammlung von Metamodellen und Plotstrukturen kopiert habe, in dem bereits so grossartige Stücke wie die Burroughs-Methode und der Leser Dent-Meisterplot stehen. Es wurde zwar ursprünglich (von dem ehrenwerten Scipio auf dem Nachbarblog Absorbascon >>>Absorbascon :: Dynastic Centerpiece Model) entwickelt, um eine Theorie aufzustellen, warum die Charaktere des DC-Verlages („Dynastic Centerpiece“ Modell = DC, hahaha) eine deutlich grösseren Stellenwert als kulturelle Ikonen haben als die vergleichbarer Publizisten, ist aber natürlich auch auf andere Figuren anwendbar. Tatsächlich verweist es sogar auf noch tiefergehende Strukturen.

Die Grundaussage ist eine einfache und verifizierbare, nämlich dass die Hauptfigur eines solchen Subuniversums nicht eine einzelne Gestalt ist, sondern eine ganze Dynastie von Charakteren, die sich gegenseitig stützen und unterstützen. Vergleichbare Metamodelle lassen sich vor allem im Bereich der Klassik oder auch in den mittelalterlichen „Zyklen“ um Artus und Carolus Magnus nachweisen.
Hier ist nicht unbedingt wichtig, dass jede Position mit einem gleichermassen starken Charakter besetzt wird, es ist vor allem das Fehlen einzelner Positionen, das sich bemerkbar macht, und den Stand der Dynastie als allumfassende kulturelle Ikone schwächt.
Bereits aus den Beziehungen der einzelnen Dynastieangehörigen ergeben sich unzählige Geschichtsmodelle, die vor allem während des „Silver Age“ zu den grundlegenden Formeln zu erzählender Stories geworden sind. Das Dynastiemodell entpuppt sich hier als eine nicht-initiierte Anwendung des kabbalistischen Baumes des Lebens, einer mythostrukturellen Matrix zur Mehrfachkorrespondierung, komplett mit den Beziehungen seiner Einzelpunkte (Pfade).

Übersicht über das Modell:
Dynastic Centerpiece :: die Hauptfigur oder Zentrum der Dynastie, die primäre Identifikationsfigur
Junior Counterpart :: eine jüngere Version der Hauptfigur, entweder sein Nachfolger oder er selbst in jüngeren Jahren
Other version :: eine Version der Hauptfigur, vom anderen Geschlecht, vielleicht mit ihm verwandt, die die andere Seite seines Charakters verkörpert
Kid Sidekick :: der jugendliche Gefährte der Hauptfigur, oder sekundäre Identifikationsfigur
Black Sheep :: die negative oder destruktive Version der Hauptfigur
Elder Statesman :: eine verwandte oder verbundene Figur, die der Hauptfigur als Mentor zur Seite steht.
Civilian Companion :: ein mehr “geerdeter” Begleiter, der die sagenhaften Geschehnisse kommentiert oder in Verhältnis setzt
Romantic Interest :: die fortwährende Romanze als eine der fundamentalsten Bestimmungen
Animal Companion :: der Vertreter einer anderen Spezies oder des natürlichen, der durch seine Anwesenheit die Hauptfigur in Bezug zur nicht-legendären Wirklichkeit setzt
Authority Figure :: die Verkörperung des Gesetzes oder der Reichsordnung, dem die Hauptfigur verpflichtet ist
Contextualizing City :: im Sinne urbaner Romantik, das ältere Muster für eine kontextualisierende Umgebung ist natürlich das sagenhafte Königreich selbst, um dessen Erhalt gekämpft wird.

Weitere Themen in diesem Zusammenhang: Die Korrespondenz von DCM und Baum des Lebens / die Antidynastie / Anwendungen auf verschiedene Dynastien oder Legendenzyklen

Mittwoch, 23. November 2005

Das Böse kommt aus "Lazytown"

Ich bin kein Freund des Kinderfernsehns. Wirklich nicht.
Gibt es überhaupt eine Sendung, die man ohne Angst um das Leib- und Seelenheil seiner Kinder anschalten kann? Der amerikanische Babysitter scheint in eine Sinnkrise gekommen zu sein.
Ist „Barney“ nicht in Wirklichkeit der Wunschtraum eines jeden Pädophilen, der sich umgeben von einem Haufen willfähriger Minderjähriger abartigen Tänzen und Gesängen hingibt? Kinder mit leeren Augen, die lernen, dass zu einer Gruppe zu gehören, immer besser ist, als eine eigene Entscheidung zu treffen? Was spielt sich in diesem seltsamen Park ab, sobald die Kameras aus sind? Wer kriecht aus dem Kostüm des purpurnen Drachen? Ist Barney wirklich Satan? Ist Kollektivismus sexy? Und warum ist ein Fremder „ein Freund, den man noch nicht kennt?“
Eigenartige TV-Landschaften werden hier konstruiert, Parallelwelten, aus denen wir bei klarem Verstand unsere Kinder sofort retten würden. Ambivalent wie wir sind, nehmen wir die fremden Landschaften nicht ernst, setzen aber unsere Kinder ihnen eine längere Zeit aus, obwohl uns klar sein sollte, dass die geistige Landschaft, die unter dem Schaum und Pappmaché verborgen ist, sich auf irgendeine Weise sicher in ihnen festsetzen wird.
Vielleicht sind die „Teletubbies“ niedlich. Aber was sind sie?
Vier kleine Ausserirdische, die von Maschinen in einer offensichtlich künstlichen Landschaft aufgezogen werden und in einem bestimmten Entwicklungsstadium eingefroren wurden. Die Diskussion um die sexuellen Präferenzen des lila Tubbies entfällt hier. In der statischen Welt ihrer Sendung werden sich ihre Geschlechtsorgane nie entwickeln können. Und ihr Gott ist eine Sonne mit Babygesicht, die höhnisch gluckst.
Der wahre Horror liegt immer hinter der Schminke und den Plastikaufsätzen.
Wir mögen uns achselzuckend von „Lazytown“ abwenden, den surreal verzerrten Häusern und Gesichtern, halb Puppe und halb Mensch, dem anämischen Mädchen mit dem pinken Haar, das die Beine bis hinter den Kopf schmeissen kann, und dem wahnsinnigen Helden Sportacus, der unter einem Aufmerksamkeitsdefizit zu leiden scheint, auf jeden Fall aber hyperaktiv ist.
Aber wahrscheinlich erstarren wir, wenn wir uns die Lebensdaten der Beteiligten ansehen und feststellen, dass es sich um eine 14jährige Amerikanerin und einen 41jährigen Isländer handelt.
Wer oder was ist Magnús Scheving? Geboren am 11. November, dem Tag des Karnevals? Ein Avatar des Unterganges? Warum identifiziert er sich mit dem Messias der Sklaven, der am Kreuz starb? Oder ist dies alles kommunistische Propaganda? In was für Welten versucht man uns zu entführen?
Wissen wir, wo unsere Kinder wirklich sind?

Von der stillen Freude, ein Eisberg zu sein...

Manchmal gehört ja nicht viel dazu, einem eine Freude zu machen.
Heute genügt es schon, einmal einem Klick zu folgen und zu staunen.
Unter www.titanic.de findet man nicht - wie man vielleicht annehmen - sollte, irreale Satire bösartiger Medienverbrecher :-), sondern die Realsatire anscheinend merkbefreiter... ähja, was denn?

Achso...
Der schnellste Weg zum Ticket - Titanic Reisen
..damit das Reisen zu einem unvergeßlichen Erlebnis wird...

Warum nur, WARUM, kommt einem spontan in den Sinn "Der schnellste Weg in den Tod"?
Bei einer Firma, die 1988 in Berlin-Kreuzberg gegründet wurde?
Es ist immer ratsam (auch und gerade bei Last-Minute-Reisen) eine Reiseversicherung abzuschließen.
Das glaube ich...

Schon mal was von NOMEN EST OMEN gehört?
Ganz ehrlich, würden Sie mit TITANIC reisen?
(Nicht, dass da noch Leonardo di Caprio auftaucht und den Weg in den Untergang mit seichtem Geschwafel erschwert... oder Celine Dion ihr Eulengesicht plärrend in das Blickfeld drängt, das sich langsam zu verengen droht...)

Das ist schon fast so lustig wie ein Glas EBOLA COLA.

Und es inspiriert mich spontan zu einem Haiku...

Kreuzberg-Geruch brennender Reifen
Seit 88 kann man mit Titanic reisen
Ein guter Rat: Versicher Dich

Dienstag, 22. November 2005

Godzilla lebt(e)!

Während ich gerade krokodilartige Monstren für meinen noch rein virtuellen "Saturn"-Roman entwerfe, flattert eine Meldung herein, die mich mit stiller Faszination erfüllt.
Forscher haben in Südargentinien die fossilen Überreste eines 135 Millionen jahre alten "Meeresungeheuers" gefunden, das sie liebevoll "Godzilla" tauften.
Der wissenschaftliche Name dieses Monsters ist Dakosaurus andiniensis, und es gehört zu den Crocodyliformen, die die heutigen Krokodile und ihre prähistorischen Vorfahren einschliesst.
Im Gegensatz zu anderen Crocodyliformen lebte es ausschliesslich im Wasser, und hatte flossenartige Gliedmassen.
Das klingt wenig bemerkenswert, wenn man sich nicht ein Bild des Tieres macht: Statt der flachen, länglichen Schnauze der Krokodile hatte es die stumpfe Schnauze eines fleischfressenden Dinosauriers - ein Tyrannosaurus mit dem Leib eines Fisches.

Der Dakosaurus ist die Titelillustration der Dezemberausgabe von National Geographic.

Donnerstag, 17. November 2005

CABALION - The Qabalist Game

Schaut mal, was ich gerade beim Aufräumen im Speicher gefunden habe... die Grundkonzept für ein Trading Card Game a la "Magic the Gathering"....

CABALION ®

1. Each player has a diagram of the Tree of Life.
2. The Deck is cut

A. The Deck

There are special cards each with one Hebrew Letter on it. There are each three sets of 22 letters (= 66) and six cards with the Word „AL“ on it. If one player manages to spell out the God-Name or Archangel-Name associated with a Sephiroth, he gains „instant access“ and the Sphere will produce mana for him. Also, each Letter in possesion of a player gives him „access“ to the Path associated with it and also has 1 point Wisdom, which can also be used to produce mana. If a player has more than one Card with the same letter, it will give him still only 1 point of Wisdom for the associated path.
„Symbols“, „Numbers“, „Weapons“, „Talismans“
There are special cards for each Sephiroth and Path with certain items on them, which might be a symbol or a number or a weapon or a talisman. These cards bring the Wisdom and Strength into the play, which a player might use to get a sephiroth to produce mana. „Symbols“ and „Numbers“ have Wisdom on them, but no Strength, while „Weapons“ and „Talismans“ have Strength on them, but no Wisdom.
Characters
Characters can be summoned or created with the mana that comes from Strength and Wisdom. Some charcters can only be summoned while holding the Sephiroth or Path associated with them, other charcters (mostly elemental) can be summoned from everywhere with the right mixture of mana.
Mana
At each turn, each Path and Sephiroth produces mana for each matching point of Wisdom and Strength on them. There are five kinds of mana, fire, water, air, earth and spirit. Spirit mana can count as any kind of mana, but some characters require spirit mana. Mana can also be transferred trough paths occupied by the same player to other places.
Complete Deck (344)
Manaproducing cards (208):
72 Lettercards
136 special cards
136 Charactercards

Mittwoch, 16. November 2005

pyropoems :: grossvater erzählt

Martin van der Lubbe
GROSSVATER ERZÄHLT

und wieder haben wir
dem himmel das feuer gestohlen
schau wie es schimmert
in unseren verkohlten händen.
(blinzelndes affenauge
inmitten von rauch & gestank)
komm, roll dich am feuer zusammen
sie erhitzen schon die nadeln.
bald ist weihnacht,
die sterne hängen schon
an ketten in den himmeln.
(eisblumen am fenster
& ein freudloses bett.)

das ist die geschichte,
die grossvater erzählt:
von rauch & gestank
& verbranntem fleisch.
die geschwärzte knochennadel
tätowiert pentagramme
auf unsere willigen zungen.
& wir wetzen den flintstein
& träumen
vom krieg gegen die götter.

Dienstag, 15. November 2005

Weird Science

Wenn man dem Link in dem Artikel über John Cleese und seine Lemurenliebe folgt... Moment, das klingt wie eine echt üble Popband aus den 50ern... "John Cleese and his Lemur Love"... mhhmmm...

...also...

...wenn man dem Link folgt - diesem - gelangt man zu einer vielleicht noch lustigeren Seite über die Kuriositäten der Biologischen Nomenklatur (Taxonomy / Artbestimmung und -benennung)



...nüchtern waren die nicht alle, als sie sich die Namen für ihre neuentdeckten Arten ausdachten...





Vampyroteuthis infernalis - Vampirttintenfisch aus der Hölle?

Eucritta melanolimnetes - die Kreatur aus der Schwarzen Lagune?

Draculoides bramstokeri - keine Vampirfledermaus, sondern eine Spinne?

Bufonaria borisbeckeri - Boris Becker? Was zum T...?

Pimoa cthulhu - ????

Bambiraptor - ?????

Amorphophallus - ???

Kommen wir jetzt zu einem völlig anderen Affen...

Eine neuentdeckte Lemurenart (diese kleinen glotzäugigen Kerlchen aus Madagaskar) ist nach John Cleese benannt worden. >>>

Wenn ich jetzt noch erklären muss, wer das ist, wird mein Hirn zu schmerzen beginnen.



Montag, 14. November 2005

Fanboy :: Ein Spaziergang durchs Multiversum

Ja, ja, es ist wahr!
Ihr braucht mir keine Mails mehr zu schicken!
Ich habe mich mal wieder mit vielen projekten zugedeckt und weiss momentan gar nicht, wo ich anfangen und wo ich aufhören soll.
Neben all den Zeitschriften und den Werbebroschüren, die ich nebenbei setze und layoute, hatte ich tatsächlich vor, mal wieder etwas mehr zu schreiben und so.
Und dann habe ich mir Bloggeritis zugezogen und checke jede Nacht mit brennenden Augen ca. zwei Dutzend Blogs von leuten, die auf interessante Weise interessante Dinge betrachten und kommentieren.

Wie immer wahrscheinlich nur für mich interessant.
Die letzten Nächte - und dies hatte tatsächlich etwas mit einer sinnvollen Tätigkeit zu tun - bin ich durchs Web gewandert und habe mich ein wenig über "Vergessene Universen" informiert. Metatextuelle Systeme, die durch die Verknüpfung verschiedener Geschichten entstehen.
Ich habe ja auch das eine oder andere Multiversum noch rumliegen, das darum bettelt, veröffentlicht zu werden.
Währenddessen betrachte ich mit Interesse und Sorge, wie bei MARVEL und DC die gesamte Kontinuität umgeschrieben oder zerbrochen wird... wieder einmal...
Bei DC ist jetzt der Superman von 1938 wiederaufgetaucht, den man das letzte Mal vor 20 Jahren in der ersten CRISIS-Serie gesehen hat und hielt den heutigen Helden eine Moralpredigt. Ist er in Wirklichkeit derjenige, der alle Welten vernichten wird?
Wo bleibt da das Gleichgewicht?
Ich habe durchaus Hoffnung...

Die Meldung der letzten Zeit, die mich am meisten fesselte, war dass der allseits geschätzte und verehrte Halbgott Michael Moorcock zugegeben hat, für DC eine "Bibel" geschrieben zu haben, die den Dummies dort erklärt, wie das Multiversum funktioniert... >>>. Hört es von den Worten des Meisters, Kinder, Vielfalt ist besser als Einfalt.
"It's not so much a multiverse scenario as a Cosmic Balance scenario. A logic system, if you like, which allows, say, Superman and Captain Marvel to understand where the other's coming from..."
Könnte er das nicht auch noch für uns anderen tun?
Könnte doch ein heissbegehrtes Objekt sein... LOGIK...
Oder glaubt irgendjemand noch allen Ernstes, dass er sich die ganze Zeit im gleichen Universum aufhält???

Rückkehr von den Lebenden Toten

Da sitz ich vor meiner elektronischen Rechenmaschine und setze wieder mal einen hervorragenden Artikel für ein hervorragendes Projekt eines Kollegen. Und wie immer ergötze ich mich an der Wohlwahl wohlgewählter Worte so, dass es mich im Auge juckt, irgendetwas grafisches dazubeizusteuern... irgendetwas komisches... irgendetwas krankes... irgendetwas aaaaaaaaaaaaaaaabgefahrenes...

Ich greife mir also Bildmaterie aus dem Netz, schmiere darin herum, würfele Zitate aus dem interview und verziere alles mit ungarischen Runen. (Glaubt mir, bei diesem Interview ist das mehr als passend...) und bastele etwas, was ich meinen "Neofolkzombie" nenne.


Und plötzlich halte ich inne.
Das Grinsen gerinnt auf meinen Lippen. Das Glas Wein fällt zu Boden, die Erde fängt an zu bluten...

"Scheisse, woher kenne ich diesen Typen bloss...?"

Und dann fällt es mir ein.

Genau der Wichser hat mir mal in der Markthalle ein Bier vor die Füsse gespuckt. Ungelogen. Die Minna, die er hinter sich herschleifte, war kahlarsiert und trug ein weisses, doch besudeltes, Brautkleid.

Sie hatte Haut von der Konsistenz fettarmer Magermilch.
Körbchengrösse F.
Und Vampirzähne.
Wie konnte ich das bloss vergessen?

Donnerstag, 10. November 2005

Die Wolfsjungen

Hier noch ein letzter Text, den ich gefunden habe, um das zu Halloween angefangene Thema zu einem gewissen Abschluss zu bringen...

Neben den in den deutschen Volkssagen auftretenden Hexer und Teufeldienern, die als Werwölfe auftreten und die Christenheit bedrohen, berichtetet man aus West- und Ostpreußen von etwas, was ein Überbleibsel heidnischer, orgiastischer Kulte zu sein scheint:

DIE WOLFSJUNGEN
eine Sage

„In der Elchniederung nahe dem Memelstrom treib sich ein Junge herum, der auf einem Bein hinkte und ein verschlossenes Wesen zur Schau trug. Man bekam ihn nur selten zu Gesicht und wußte nicht, wo er zuhause war und wie er sich ernährte. So kamen gerüchte auf, daß er dem Bösen zu Diensten war. Einmal zwischen dem Christtag und den Rauhnächten ging der junge von Dorf zu Dorf und forderte jeden anderen Jungen, dessen er ansichtig wurde, auf, ihm zu folgen. Zauderte einer der Aufgeforderten, dann zog der Hinkende eine Geißel hervor, deren Schnüre aus Eisendraht geflochten waren und zwischen denen noch stählerne Kugeln baumelten. Mit dieser Rute peitschte er den Rücken der Zögernden und zwang sie so unter seinen Willen. So sammelte er wohl weit über hundert Jungen um sich und trieb sie unter erbarmungslosen Hieben hinaus auf ein weites Feld.
Sobald sie dieses erreicht hatten, ging eine schreckliche Verwandlung mit den Knaben vor. Ein dichtes Fell kroch, von ihren Füßen beginnend, an ihren Körpern hinauf, zuletzt nahm das Gesicht tierische Züge an, sie waren zu Wölfen geworden. Allein der Hinkefuß behielt seine menschliche Gestalt. Mit der Eisenpeitsche trieb er das Rudel erbarmungslos an, in Viehherden hinein und in Schafställe, wo die Raubtiere grausam wüteten. Kam das Rudel an einen Wasserlauf, dann ließ der böse Knabe seine Eisenrute über die Wellen hinsausen, sofort teilte sich die Flut, und die Tiere konnten, ohne naß zu werden, das Hindernis überqueren. An Menschen versagte die Kraft der Verzauberten. Begegneten sie einem Menschen, dann nahmen sie kläglich winselnd Reißaus. Nach zwölf Tagen und Nächten fiel das Wolfsfell ab, und die jungen wurden wieder, was sie gewesen waren. Freilich, ihre Schultern und ihr Rücken sahen böse aus. Von Geißelhieben zerfleischt, dauerte es viele Wochen, bis sie von den Wunden genasen.
Der junge zeigte sich später auch noch jenseits der Memel, und einmal soll er an die tausend Jungen zu einem Wolfsrudel gemacht haben.“

Mittwoch, 9. November 2005

Welches Schweinderl bin ich denn?

In den "Notes of the dirty young men" haben wir uns jetzt in den letzten Wochen verstärkt auf die Kampagne "Du bist Deutschland" eingeschossen. Warum, kann man nicht wirklich sagen...
Vielleicht eine Verteidigungsstrategie gegen den grassierenden Schwachsinn der Zeit?
Wir wissen doch alle, dass jeder Geschichtenerzähler, vor allem aber die Werbefachleute, Lügner sind.
Warum sollten wir also ausgerechnet dieser Kampagne vertrauen?
Weil man uns hätschelt und auf die Schulter klopft, wie toll wir sind?
Achja, natürlich...
Ich vergass.

Dienstag, 8. November 2005

Pyropunk :: Europa Babylon 2.0

In den letzten Monaten hatte Karl Edwyn Rothner etwas konstruiert, was er großspurig sein „Absorbascon“ nannte: eine Anordnung von 81 Monitoren, die unter anderem mit einem globalen Zufälligkeitsgenerator gekoppelt waren. Die Maschine nahm eine ganze Wand des Zimmers ein, in dem er sich nun aufhielt, nach hinten in den schwarzen Nappasessel gelehnt, während neben ihm die Aufzeichnungmaschinen summten. Über die Bildschirme huschten in schneller Folge Bilder, als der Zufälligkeitsgenerator immer wieder neue Sender aus dem internationalen TV-Netz griff, das Programm eine beliebige Anzahl von Sekunden zeigte und wieder einen anderen Sender wählte. Die Strahlung der Monitore ließ Karls bleiches Gesicht elektrisch blau schimmern, alles andere war in hektische Schatten gehüllt, von den Pixelstürmen verschluckt.
Eine bläuliche Maske, die körperlos in der Dunkelheit schwebte...

Nach einer Stunde vor den Monitoren hatte der Rest des Raumes, und sein Körper, ihre Bedeutung verloren. Eine weitere, vielleicht unnütze, Information über das Dreidimensionale, die im hektischen Zucken der Infoströme beiseite fiel. Die zwei Dimensionen der Bildschirme waren zur Realität geworden.

Nach drei Stunden vor den Monitoren hatten die Bilder aufgehört, Sinn zu ergeben. Sie zerfielen in einzelne Informationssequenzen, die das Gehirn unabhängig von einander zu interpretieren versuchte. Landschaften wurden zu Zahlenmodellen, Gesichter zerfielen in polygone Strukturen. In der Monitorwand begannen die 3 x 3 Hauptpanele hervorzutreten, in denen jeweils 3 x 3 Monitore verankert waren. Formen begannen innerhalb der Panele miteinander Wechselbeziehungen aufzubauen.

Nach vier Stunden vor den Monitoren war Karl davon überzeugt, dass aus den willkürlich generierten Bilderfolgen eine Art selbstreplizierender Intelligenz sprach, von deren Existenz niemand bisher geahnt hatte, dass nämlich das Fernsehen selbst sein Programm zusammenstellte.

Nach fünf Stunden vor den Monitoren war die Trennung zwischen dem Gesehenen und dem Seher endlich aufgehoben, und Karl absorbierte alle Informationen direkt über die Sehnerven. Sein Bewusstsein teilte sich in Split Screens auf, er in jedem visuellen Zeichen präsent:

Arschgewackel auf Monitor 15, ein metallener Gegenstand über rotem Fleisch auf 55, Gameshow oder Exekution auf 23, CSI-Team auf 9. Dazwischen Silhouetten von Soldaten, Polizisten, paramilitärischen Truppen. Beschlagene Visiere verstecken die Gesichter /cut/ Texteinblendung: DDR geheim – Schattenreiche. Dunkelhäutige Jugendliche in weiten Jacken schreien und rennen. Musikvideo oder Reportage? Jean Paul Belmondo schlägt immer wieder auf einen Verbrecher ein, umgeben von roten Zahlen entblösst eine alte Frau ihre mit Venen tätowierten sackenden Brüste /cut/

Gefrorene Momentaufnahme schmelzenden Plastiks, dessen Tränen bizarre Formen bildet, ein schreiendes Kind, eine Animesequenz zweier bis aufs Farbschema identischer Ninjas /cut/ eine Gurke verwandelt sich unter einem huschenden Messer in hauchdünne Scheiben (?), die Klappe eines Kofferraums wird geöffnet, ein blutüberströmtes Gesicht schaut heraus, Feuerwehrmänner versuchen brennende Autos zu löschen /cut/ Völkische Musikschau: die Sängerin verzerrt ihre silikongeschädigten Lippen zu einem Vollplayback. Realityshow: ein mit Ekzemen übersäter Obdachloser wird verhaftet. Ein dünnes Urinrinnsal zeichnet seine letzten Schritte nach.

Ein Tarottrumpf wird aufgedeckt. Der Turm. Die Hand, die ihn ergreift, ist voller Runzeln und Altersflecken, bevor sie verdeckt wird durch /cut/ Texteinblendung: Weitere Themen: Darmkrebs, Fit im Alter, Dauerkopfschmerz, Anti- /cut/ der Turm ist in Flammen gehüllt, Menschen stürzen durch den Rauch. Angela Bassett als Tina Turner rammt ein phallisches Mikro in ihren Schlund. Talkshowrunde mit mehreren Politikern, die reglos in ihren Sesseln sitzen und einer unhörbaren Stimme lauschen. Sie wirken wie Leichen. Texteinblendung: Was tun, wenn’s brennt?

Dann die Silhouette eines Polizisten oder Soldaten vor feuersrotem Hintergrund, der langsam eine Schrotflinte hochhebt.
Er zielt genau in die Kamera.
Karl schloss die Augen.

Werner hatte die Tür zu dem Zimmer aufgerissen. Er war kaum zu erkennen, so hell schien das Tageslicht hinter ihm zu sein. Oder war es ein Feuer?
„Yo, Karl!“, heulte er, „Der Wichser an der Ecke vertickt schon wieder Benzin an die Kiddies!“
Karl öffnete die Augen. Die Monitore hatten sich alle in einheitliches weißes Rauschen gehüllt.

Die Message war angekommen.

Sonntag, 6. November 2005

Augengift :: Du bist Weisskohl

Close-Up:
Das Bild wird von Grüntönen dominiert. Eine Doppelseite, bei der sich die Information vom Falz ausgehend af der rechten Seite konzentriert. Ein Kohlfeld. Darüber, mit Anstrengung angehoben, ein einzelner Kohlkopf, von etwa 1 Meter Durchmesser. Hinter ihm, von der schieren Gigantik des Kohlkopfes an den Bildrand gedrückt, das Gesicht einer alten Frau. Grauhaarig. Hart & wettergegerbt, der Mund leicht verzerrt in einer Mischung aus Befriedigung und Anstrengung. Der Kohlkopf ist zu schwer, ihn länger als einige Minuten zu heben. Sie schaut aus der Doppelseite heraus. Der Fotograf hat sich Zeit gelassen, diesen perfekten Moment abzulichten.
Darüber in weißen, überproportionierten Serifen: Du bist Ludwig Erhard.

Int.
1. Blick: Verständnislosigkeit. Das Augengift hat gewirkt und mich eingefangen. Meine Aufmerksamkeit verharrt in der Mitte des überproportionierten weissen Wortes „Du“.
Du bist Ludwig Erhard. Wer? Ich? Jeder Leser? Die alte Frau? Der Kohlkopf?

Ext.
Rechte obere Ecke der Doppelseite, weisse Schrift, die vom dunklen Hintergrund angefressen wird: „Du glaubst, dass ein Wunder das Ergebnis harter Arbeit ist?“
Nein, nicht wirklich, und einen Leser mit einer solchen an den Haaren herbeigezogenen Prämisse anzureden, zeugt auch von schlechtem Stil. Fragen wir doch gleich korrekt weiter: „Du glaubst, dass die Erde eine Scheibe ist?“
„Ob du dein Ziel erreichst, entscheidest du. Nicht das Schicksal. Und die Entscheidung, ob du auf deinen Erfolg mit Champagner anstoßen oder lieber eine Zigarre rauchen willst, kann auch nur einer treffen: du.“
Wer? Ich? Jeder Leser? Die alte Frau? Der Kohlkopf? Als Motivationsmethode ist Surrealismus denkbar ungeeignet.

Credits:
Eine Aktion deutscher Medien im rahmen der Initiative „Partner für Innovation“. www.du-bist-deutschland.de

Samstag, 5. November 2005

Fundstück :: Kein Entkommen

Eines der obskureren Fundstücke der letzten Wochen ist ein Spiel, bei dem man die ersten Dutzend Male nicht länger als einige Sekunden überleben wird. Wirklich simpel in den Regeln: berühre mit dem Mauszeiger das zentrale rote Viereck und versuche, nicht die vier blauen Blöcke oder den Rand zu berühren.
Klingt einfach.
Wäre es auch, wenn sich die blauen Blöcke nicht wie eine Horde kubistischer Haie auf das rote Viereck werfen würden.
Hmm... das klingt wie angewandter Surrealismus.
Einfach mal ausprobieren >>>>

Freitag, 4. November 2005

Pyropunk :: Europa Babylon 1.0

In den letzten Tagen redeten die politischen Kommentatoren immer wieder von Jamaika, so als ob das alles erklären würde. Alles war unklar geworden, seitdem die Amateuer-Assassinen begonnen hatten, den Profis die Arbeit abzunehmen. Selbst die Tagesthemen waren konspirativ geworden – statt über Perspektiven sprach man über Farbanordnungen. Ampel-Koalition. Jamaika-Koalition. Das war ein Code, den Wolf Leandrowsky nicht knacken konnte, egal wie oft er es versuchte. Wenn dies die Zukunft sein sollte, wann würden die Rastafaris anfangen, richtig im Großen Spiel mitzumischen? Immerhin, sie hielten sich für die wahren Kinder Zions, und alles andere war Babylon. Wenn Wolf aus dem Fenster auf die grosse Stadt am grauen Fluß herabsah, konnte er sich eines kleinen Funkens Sympathie nicht verwehren.
Aber sich deswegen Dreadlocks wachsen lassen? Nee, das ging nun wirklich nicht.
„Schwarz-gelb-grün: Die Nationalfarben von Jamaika. Autokennzeichen JA. Was ist dann Schwarz-Rot? Albanien, oder was?“
„Anarchosyndikalismus“, grinste Karl Edwyn Rothner vom Sofa her, zog die Zigarre aus dem Mund und blies drei perfekte Ringe, die sich gegenseitig zerstörten. „DAS ist der Geschmack der Zukunft, Bruder“
„Was soll das für eine Zukunft sein?“, murmelte Wolf und justierte den zweiten Tachometer an der Maschine nach. „Müssen wir jetzt alle Bob Marley hören?“
„Na, sooooooo übel wär das nicht“, grunzte Werner Pargsen und versuchte die vielen bunten Pillen auf dem Tisch in eine andere geometrische Anordnung zu bringen. Er fluchte, als der Tisch kippte und ihn mit einem Regen roter, gelber, schwarzer und grüner Kugeln überschüttete. Ein polychromer Regen. Groovy, oder? „Farben..:“, grollte Werner. „Farben...“ Er inhalierte sein Bier.
„Vielleicht ist das auch bloss ein Code. Jamaika = Bananenrepublik. Ganz offensichtlich, oder? Die betreiben doch nur noch Cargo-Kulte. Zelebrieren die Rituale der Demokratie, ohne zu wissen, wozu die eigentlich dienen sollen. Wir hätten damals alle ‚Cool Runnings’ boykottieren sollen.“
Wolf runzelte die Stirn. „Farbcodes der Weltpolitik?“
„Möglich. Alle psychosexuellen Subkulturen haben so was. Gelbes Taschentuch links, rotes Taschentuch rechts... in der Politik teilen auch nur einige aus, und die anderen müssen’s wegstecken...“
Werners Gesicht erhellte sich. „Gelb und rot? Das sind die Tschechen, nicht?“ Wolf senkte erschüttert den Kopf. Manchmal war er sich nicht sicher, ob seine Freunde überhaupt einen linearen Zugang zur Wirklichkeit hatten oder nicht. Die Zeitsprünge kommen immer häufiger, dachte er. Bald sind wir im 21. Jahrhundert angekommen.
„Die Erste oder Alte Welt hat ausgedient, mein Junge“, lächelte KER. „Das kommt jetzt alles zurück. Die Zivilisation ist einmal um den ganzen Erdball gewandert, der Sonne hinterher, und jetzt bekommt Europa all das zurück, was es in den letzten Jahrhunderten auf die Reise geschickt hat. Dreifach.“
„Karma?“, murmelte Werner und fummelte an seinem Hosenbund herum, wo einige bunte Kugeln kleben geblieben waren.
„Zuerst kamen die Amerikaner. Dann die Australier. Nun kommen alle unsere alten Kolonien zurück“, sagte KER. „Und die Alte Welt wird langsam unter dem Einfluss der Neuen und der Dritten in die Vierte Welt fransformiert. Aber diesmal nicht in eine Welt neuer Götter und Superhelden. Warte nur ab, bis sie die ersten Schreine für Haile Selassie bauen.“
„’Ernte, was Du gesät hast’, was?“, zischte Wolf und leitete den Strom um.
„Klar. Warum nicht?“
„Das ist nur ein hübsches Bild, mit der Du eine eher nichtssagende Gegenwart mythisch aufwerten willst.“
„Nee, das ist Evolutionstheorie, Mann, Migration. Und die Erde ist nun mal ‚ne Kugel.“
„Je weiter man nach Westen geht, desto eher kommt man in den Osten, eh?“
„Das ist das Problem mit diesen Sonnenanbetern.“

Dienstag, 1. November 2005

Happy Halloween

So, und damit endet der unheimliche Oktober auf NEMED HOUSE.
Ich selbst habe mich gut amüsiert, auch wenn wir nur vier einsame Ghoule auf den dunklen und eisigen Strassen der Windigen Stadt waren.
Ich glaube, den Nachbarskindern habe ich einen Scheissschreck eingejagt, als ich nachmittags aus dem Haus ging und plötzlich vor ihnen stand. Und wohlgemerkt, ohne Maske. (Ein bischen Farbe und der Geist von Boris Karloff reichen da schon.)
Unsere Kinder hatten wir das standardisierte Sparkostüm angedreht - Bettlaken mit Löchern, aber da sie sich über sich selbst mehr erschreckten als über alles andere, haben wir irgendwann auch Löcher für die Köpfe und Gürtel erlaubt. Kleine blasse Gespenster in Ausbildung... oder Jugendclub Ku Klux Klan, wer weiß das schon. Baby Aleister haben wir auch vorsichtshalber noch seine Plüschfledermaus an die Kutte gepinnt, damit er nicht allein war.

Und so spukten und spuckten wir uns durch die Dunkelheit.
Die anderen Halloween-Horden waren Loser. Sicher, zuckersüchtige minderjährige Vorstadtprolls sind gruselig, aber hätten die sich nicht wenigstens ein bischen verkleiden können?

Immerhin, in 11 Monaten geht es wieder los...
HAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHA