Donnerstag, 27. September 2007
RetroDisco :: Frankokanadische Frisurverbrechen
"Living on Video" von der kanadischen Band Trans-X, ein Lied, das wohl jedermann vergessen hat und ein Video, das so sehr 80er schreit, das man davon taub werden kann. Diese Haare! Dieses Makeup! Dieser Bandname! Dieser Tanz wo kein Tanz ist. Sind dies die autistischen Cousins von Duran Duran? Und seien wir ehrlich: Wann war Video je ein relevantes Thema außer in den 80ern? Video killed the radio star - aber wer killte VHS?
Montag, 24. September 2007
Amadeus auf der Flusswelt (10)
Dann kam die Zeit der Bersteinring-Tournee. Die größte Nummer, die Amadeus Burroughs und seine Band, die Tarmangani je abgezogen hatten – 14 Konzerte in den größten Küstenstädten der USA, die Ostküste herab und die Westküste rauf. Die Vorbereitungen dauerten drei Monate konzentrierten Probens. Konzentriert hieß, wenn man von Amadeus selbst absah.
Es gab Botengänge zum Schnapsladen, und in dem Aufnahmeraum des Studios die Groupies. Den Rest der Zeit verbrachte Amadeus in den Kneipen, die praktischerweise rund um sein sein Motel lagen, und das Studio schickte jeden Tag pünktlich um 10 die Schwarze Limousine, um ihn in seinem Raum aufzugabeln, oder wenn es nicht anders ging, auch aus dem Hinterzimmer einer Bar abzutransportieren. Ohne Vitaminspritzen ging gar nichts.
Amadeus Universalmittel, die magische Flasche, die seinen Nöten abhalf, seine Probleme löste. Er musste aus geschichtlicher Notwendigkeit saufen. Dem dionysischen Bild gemäß, mit dem er sich identifizierte, in das er sich versetzte, und in der kulturellen Tradition Amerikas Amadeus gelegentliche Impotenz verursachte.
Amadeus trank, um die Schmerzen des Daseins zu lindern. Diesen Schmerz zu begreifen, war wichtiger als irgend etwas sonst im Leben, obschon das Leben selbst ständige Quelle des Schmerzes war. Das war schon fast Buddhismus, aber Amadeus benutzte es eher wie ein Aufputschmittel.
Der Anlaß zum Trinken war nicht so sehr Teil der umfassenderen Realität, sondern ein wichtiges Fundament der persönlichen Mythologie, die Amadeus sich erschaffen hatte. Das Bild des leidenden Künstlers, der an sich selbst kaputt ging, war schon immer ein attraktives Bild gewesen, und eine Abkürzung zur Unsterblichkeit. Kopfüber über dem chaotischen Miasma der Menschlichkeit baumelnd, die Hände auf den Rücken gebunden, ein Opfer an die Vorstellungen der Fans und der PR-Monstermaschine.
Das Bild des Gekreuzigten hatten schon so unterschiedliche Typen wie James Dean und Morrison benutzt, um ihren eigenen Mythos zu nähren. Das war typisch. Amerika hatte keine Götter, also schufen sie sich selbst. Die verfassungsmäßige Konfessionslosigkeit der Vereinigten Staaten hatte immer wieder zur Folge, daß die Massen so leicht auf religiöse Ikonen ansprangen. Politiker und Schauspieler, und oft dieselben, hatten ein leichtes Spiel, in das Unterbewußtsein der Bevölkerung einzudringen, indem sie die Posen biblischer Charaktere kopierten.
Amadeus fand es einfach, sich selbst zum Opfer zu bringen. In seinen Notizbüchern meditierte er über die Ikonographie, die die Musikjournalisten von ihm aufgebaut hatten. Der Eierkopf-Dionysos. Der schwarze Engel der Zerstörung. Dies war der Abgrund, über den er sich selbst aufgehängt hatte. Wenn man sagte, daß in den Medien jemand ‚gehängt’ oder ‚gekreuzigt’ wird, heißt es eigentlich nichts anderes, als daß jemand systematisch fertig gemacht wird.
Amadeus gefiel sich in der Pose des Gekreuzigten. Er war gerne ein elektronischer Messias, sein eigener persönlicher Jesus. Er stand voll darauf, fertig gemacht zu werden. Er freute sich auf die Tournee. Der Wetterdienst hatte „Trauer, House Music und Bikinis“ vorhergesagt.
Das war einen Tag gewesen, bevor der QVC-Trojaner, Codename „Der Pate“ die halbe Datenbasis der Ostküste ausradiert hatte.
* * *
In der Schwarzen Limousine: Vor den getönten Scheiben drängten sich die Mädchen, manche ohne Schlüpfer, manche vollkommen nackt, lauter kleine virtuelle Anime-Girls, violetter Lippenstift, neongrüne Nägel, Ponyzöpfe und Ganzkörperrasur. Die Abdrücke ihrer kleinen Brüste tätowierten das rauchige Glas mit ovalen Spuren. Die Tarmangani auf dem schwarzen Lederpolster. Gläser klirren. Amadeus erzählt einen Witz.
„Burroughs, Burroughs...“
Burroughs war für die Kids nichts weniger als ein Gott. Was Amadeus sich in früheren Zeiten überlegt hatte, war Wirklichkeit geworden. Er hatte sich lange genug von exponierter Stelle herab in den Abgrund hängen lassen, daß sein persönlicher Mythos sich in den Urwassern des kollektiven Unterbewußten auflösen konnte.
Er hatte das Chaos der Phantasielosen befruchtet und eine neue Schlangenbrut hervorgebracht. Das Opfer des Gehängten war erfolgreich gewesen, wenn auch auf Kosten von wichtigen teilen seines Selbst. Von diesem Akt ging für jeden, der klarsichtig genug war, es zu begreifen, eine gewisse morbide Faszination aus. Aber wenige begriffen, worum es Amadeus wirklich ging. Für manche war seine Show nur ein affektiertes Kokettieren mit der katholischen Schuld & Sühne-Nummer, für andere ein paganes Spektakel der Selbstvergottung.
„Ich habe da dieses homöopathisch codierte Hasch“, vertraute er irgendwann den Tontechnikern an, „Fettes Harz aufgeladen mit der telepathischen Schwingungen und den Ideen von allen Freaks, die jemals einen Brocken davon gezogen haben. Es ist Information pur: der Acapulco Golden Silence Mind Trip. Jedermann sonst kann das Programm erweitern: in den Vereinigten Staaten war Los Angeles immer der genetische Plan, nach dem sich die ganze Evolution richten sollte: Westwärts – zum Meer – Surfen und Doppel-D Silikon Nirvana.“
Auf die verwirrten Blicke der Techs grinste er nur verschwörerisch. „Das kommende Königreich, Kids!“, rief er, „Das Jüngste Gericht wird warm serviert!“
In Atlanta sprach er beruhigend auf Zuschauer ein, die bei den Randalen am Rande des Superbowls verletzt worden waren.
Und in New York zog er seine Jacke aus und gab sie einem Kind, das im Regen am Straßenrand zitterte. „Das ist alles Teil der Formel“, flüsterte er spöttisch seinen Kollegen zu. „Der Sterbende und Wiederauferstandene Gott gibt reiche Gaben an seine Gläubigen.“
„Die beste Show seit dem Brand Roms“, beschrieb der Journalist Alan Cabal vom Modern Noise Magazine das Konzert in Queens, das die Tarmangani als Hauptact hinter Ganjasta Rap und Lugosi Saviour spielen sollten. „Ich sehe ihn immer mit Weintrauben im Haar, wie einen heidnischen Frühlingsgott aus dem alten Griechenland. Er stand am Mikrophon, packte es oben mit der Rechten, den Ständer mit den Fingerspitzen der Linken, das Licht fiel auf sein Gesicht. In diesem Moment begann die Schöpfung. Es gibt kein zweites Gesicht auf der Welt wie dieses Antlitz. Es ist so wunderhübsch im landläufigen Sinn. Mit seinem symbolischen Tod geht es der ganzen Welt besser. Weil du, wenn du es anschaust, spürst, daß er für uns am Pfahl sterben will.“
Ein etwas gelassenerer Autor schrieb im gleichen Blatt: „Man weiß nicht, ob der Kerl bescheuert oder genial ist, „aber ganz sicher weiß er, wie's sich verkaufen lässt.“
Der freie Platz in Queens ermöglichte den Tarmangani ein Programm nach einem anderen Buch und einem längeren Gig, als die britischen Band Lugosi Saviour, die gerade ihre Auflösungspläne in Florida bekanntgegeben hatten, ihre Spielzeit entgegen allen Absprachen auf eine halbe Stunde kürzten. Mehr Raum für Burroughs und seine Show, und keine Berührung mit den neurotisch-depressiven, asexuellen Inselfröschen. Die Tarmangani sahen in Freiheit einem guten und aufregenden Abend entgegen.
„Burroughs, Burroughs, Burroughs...“
In der Schwarzen Limousine. Seine Dokumentation: rundherum das ziemliche Mädchen-Gedränge. Hinter ihn schützend ein Trupp New Yorker, sie folgten im Kielwasser des Helden. Er schien entspannt und ging rückwärts, war fröhlich und burlesk.
„Burroughs, Burroughs...“
Ein Mantra; die Menge sang es über das ganze Gelände hinweg. Amadeus wirkte feierlich, als er auf die
Polizisten bezogen ihre Stellung vor den Kameramännern. Nur die Knöpfe der Verstärker, Räucherstäbchen auf Hirams Orgel, sonst nichts.
„Burroughs, Burroughs...“
Die jungen Leute fingen an, auf einander zu klettern, um sich an der Bühne hochziehen zu können – nur um von den Polizisten buchstäblich zurück in die Dunkelheit geworfen zu werden. Hölzerne Klappstühle wurden nach den Bullen geschleudert; Hunderte von Teenagern bluteten.
Um Mitternacht notierte er, „Rückzug ins Primitive: Nacktheit und Waghalsigkeit. Auf einmal gibt's keine Gefahr.“ Seine inneren Kräfte brachten am nächsten Tag wieder Farbe in sein Gesicht.
Der Gig wurde abrupt beendet und das wurde in einer Zeit, in der Rock-Krawalle im Untergrund schick wurden und Schlagzeilen von jedem neuen Krach die Reputation der Bands nach oben puschten, zu einem Verkaufsschlager. Der Trend nahm noch zu. Hello, l Love You.
Pimp yo' career
In diesem schönen Land verstehen manche Leute unter Arbeitssuche das gleiche wie Prostitution.
Bereits vor Jahren fühlte ich mich vom sinnlosen Gebrauch ethnischen Slangs (aus anderen Sprachen) mehr als nur abgestossen. Ich habe auch nie den Witz verstehen können, warum picklige Hiphopper aus Barmbek Süd mich abwechselnd als "Digga" und "Nigga" bezeichneten. Noch abstoßender ist vielleicht nur noch der sinnentleerte Missbrauch des Wortes "Pimp". Pimp irgendwas, und Du bist hip. Pimp my car, pimp my life, pimp my wife, pimp my brain. Teh Pain!
Okay, digga, ich will Dich nicht langweilen. Ein Pimp, weisstu, ein Pimp is nix so geiles eigentlich. 'N Pimp is' n dreckichter Playa. Einer, der die chicas auf die Reihe schickt und für den Arsch anderer die Patte einsteckt. Nee, das hast Du mistverstanden, keine Personalvermittlung. 'N Pimp, digga, das is'n Zuhälter, 'n Lude, das was Deine Mami nich' kennt.
Whatever, vielleicht habe ich auch etwas nicht verstanden. Pimps sind heute überall. Selbst wenn man sich durch die Seiten der ruhmreichen Arbeitsagentur (tm) klickt, kommen sie plötzlich hoch - kurz bevor einem selbst alles hochkommt. Ich stelle es mir ungefähr so vor: Eine Frau, Mitte dreissig, noch kein graues Haar, immer noch straff im Kopf und in der Bluse, klickt durch die Stellenanzeigen im Bereich Büroarbeit, und landet dann bei sowas:
Da ist er wieder, der Pimp. Was soll die arbeitssuchende Dame sich nun denken, ohne letzte Reste an Straffheit zu verlieren? (Nicht vergessen, sie suchte ja etwas im Bereich Büro und als erstes erfuhr sie dann, dass von soetwas hier überhaupt nicht geredet wurde. Mischt sich nicht bereits Ekel in die Enttäuschung, wie ein besonders delikates Pesto? Wahrscheinlich bleiben von der Wortgrütze nur einige Fragmente hängen... Pizza, Pasta... Couch (coach?)... und Spass dabei. Klingt irgendwie nach einem italienischen Bordellbetrieb.
Sie suchen eine Anstellung als Bürohilfskraft ?
Sorry, diese Stelle können wir Ihnen nicht anbieten.
Können Sie sich eine berufliche Neuorientierung vorstellen und sind bereit Neues zu lernen?
Dann ist das Ihre Chance als Quereinsteiger ( auch ohne abgeschlossene Ausbildung ) eine außergewöhnliche berufliche Perspektive zu nutzen.
Dabei werden Sie nicht ins kalte Wasser geworfen.
Sie erhalten ein umfangreiches, hochwertiges Training durch Ihren
Persönlichen Coach.
Wir ( keine Zeitarbeit ) suchen für ein
junges, erfolgreiches Unternehmen aus der Gastronomie
mit einem sehr erfolgreichen
Pizza-Pasta-Bar Konzept
Mitarbeiter / -innen in Voll- und Teilzeit, die gerne backen & kochen, im Service oder an der Bar arbeiten, bzw. es lernen wollen.
Gearbeitet wird nach dem Motto:
„Wir kochen für Freunde UND haben Spaß dabei!“
Sie sind dienstleistungs- und serviceorientiert!
Hört sich das alles gut an?
Vielleicht zu gut?
Aber was wenn es stimmt!
Chance erkannt?
Pimp your career!
Aber schön, dass wir darüber geredet haben.
Freitag, 21. September 2007
Flieh, deutsches Kind. Flieh.
Über mir, in betretenen Farben, ein Plakat, die Ankündigung eines neuen Filmes.
"Ein fliehendes Pferd", nach dem Roman von Martin Walser.
Und dann war wieder alles zurück, ich war wieder 18, und ich wusste wieder, warum ich moderne deutsche Literatur so verabscheue. Martin Walser als Pflichtlektüre im Deutschunterricht hat wahrscheinlich schon mehr als einen Menschen dazu gebracht, mit dem Lesen ganz aufzuhören. Und jetzt auch noch im Film? Muss ich mir jetzt vorstellen, wie ganze Deutschkurse kreischend und um sich schlagend in die Kinos geschleift werden, um abzuschätzen, ob die Verfilmung dem literarischen Original gerecht wird? Das hat schon bei Karl May nicht geklappt. Aber nehmt den Kindern doch bitte nicht auch noch die Freude am Kino.
Mittwoch, 19. September 2007
Lovecraft reloaded :: Die Farbe aus dem All
Ein treuer Leser hat diese Meldung flugs weitergeleitet, mit dem Kommentar: "Lovecrafts Monster ist endlich gelandet."
Ein nicht identifizierbares, leuchtende Objekt, von dem üble Dämpfe ausgehen, spielt natürlich die Hauptrolle in H.P. Lovecrafts klassischer SciFi-Horror-Geschichte "Die Farbe aus dem All" ("The Colour out of Space"). Wir können also davon ausgehen, dass auch in Peru die Vegetation demnächst beginnen wird, nachts in seltsam metallischen Farben zu leuchten. Und die Dorfbewohner?
Mittwoch, 12. September 2007
Leere Zisternen (2)
1988 war ein gutes Jahr für die Hamburger Fantasy. Jedenfalls südlich der Elbe, wo die Schatten der Schwarzen Berge düster auf die Tannenwälder von Waldfrieden drücken…
Ein stimmungsvoller Anfang, nicht wahr? Tatsächlich ist das einzige, was an Waldfrieden stimmungsvoll oder gruselig ist, die allsonntäglichen Wandergemeinschaften von Greisen, die den benachbarten Heidefriedhof heimsuchen. Dies ist nicht unbedingt der Ort, an dem man Spannung und Action erwartet, nur das langsame Versickern eines Herbstmontages… Phantasie, geschätzter Leser, ist hier ein Gut, um das gekämpft und mit aller Gewalt dem kargen Heideboden abgerungen werden muss.
Kehren wir zurück ins Jahr 1988, ein gutes Jahr, jedenfalls soweit es mein eigenes Schaffen betraf. In diesem Jahr jonglierte ich mit mehr Serien und Charakteren, als es gesund sein konnte, und fand auch nichts dabei, zusätzlich zu einem mythischen Kontinent (Arullu am Ende der Zeit) noch einen anderen Kontinent aus den Urgewässern zu ziehen, auf dem ich mich literarisch austoben konnte – Lemuria, am Anfang der Zeit. (Tatsächlich gab es das alles schon länger, aber darüber wollen wir um einer guten Story wegen einmal hinwegsehen – schnell, lesen Sie weiter!)
Lemuria, Wiege der Menschheit! Lemuria, Reich der Schatten!
Lemuria, Heimat eines Schreibstiles, der noch korrupter war als jede gefälschte Zeile Clark Ashton Smith, mit der ich Arullu unlesbar machte! Die Pein! Der Schmerz!
Es wurde wohl an der Zeit, mal etwas Neues auszuprobieren. 1988 versuchte ich mich also an Abenteuern in Lemuria, die nicht so korrupt zu lesen waren, deren ‚Held’ jedoch ungleich korrupter war als die stattlichen Kreaturen mit wohlgeölten Muskeln, die ich als treuer Conanfan bislang bevorzugt hatte. Titelmelodie! Licht! Auftritt Cataphrax. Cataphrax der Verdammte.
Ein ungeschlachter Riese mit einem rostigen Henkersschwert. Unrasiert und grobschlächtig. Mit Augenklappe. Leider habe ich damals darauf verzichtet, ihm auch einen Papageien auf die Schulter zu setzen. Schön war er nicht, aber effektiv. Wenn Conan der Mann ist, der Gegner nur einmal hat, war Cataphrax der Mann, bei dem jeder tunlichst darauf verzichtete, ihn zum Gegner zu bekommen. Sein Anblick genügte. (Vielleicht auch sein Aroma.) Man könnte also sagen, ein Antiheld – auch wenn dies nur halb richtig war. Und was machte dieser Antiheld in Lemuria, dem Reich der Schatten?
Er bekam es mit jemandem zu tun, der anscheinend am Grunde eines Brunnen lebte…
Sonntag, 9. September 2007
Leere Zisternen (1)
- A woman drew her long black hair out tight
- And fiddled whisper music on those strings
- And bats with baby faces in the violet light
- Whistled, and beat their wings
- And crawled head downward down a blackened wall
- And upside down in air were towers
- Tolling reminiscent bells, that kept the hours
- And voices singing out of empty cisterns and exhausted wells.
- In this decayed hole among the mountains
- In the faint moonlight, the grass is singing
- Over the tumbled graves, about the chapel
- There is the empty chapel, only the wind's home.
- It has no windows, and the door swings,
- Dry bones can harm no one.
- Only a cock stood on the rooftree
- Co co rico co co rico
- In a flash of lightning. Then a damp gust
- Bringing rain
Donnerstag, 6. September 2007
A ist nicht A
Als ich mich vor einigen Tagen auf den hochgeschätzten Kirchenvater Augustinus eingeschossen habe, hätte ich nicht gedacht, noch mehr Worte über diese ungesunde Person verlieren zu müssen. Dennoch – in einer mir unlängst zugegangenen Zuschrift erbost sich ein regelmäßiger Leser über ein von mir widergegebenes Zitat:
„Wer schreibt denn so einen Scheiß: Augustinus hat Crowley vorweggenommen? Das hat ja Heiner-Geißler-Qualität. Der alte Herz-Jesu-Marxist hat ja mal gesagt, die Grünen hätten Auschwitz erst möglich gemacht. O.k., das triffst nicht ganz, aber du verstehst schon!“
Ja, das verstehe ich und es trifft es leider zu gut. Und auf das widergegebene Zitat zurückzukommen… tatsächlich machen die unheilige Verbindung vom hasszerfressenen Kirchenvater Augustinus bis zum sexsüchtigen Bergsteiger Crowley sehr viele Leute. Scheint so eine Art „Malen nach Zahlen“ zu sein: man sieht zwei Punkte und kann nicht umhin, sie mit einer Linie zu verbinden.
Der erste, der die beiden streitsüchtigen Publizisten August und Aleister miteinander in Verbindung setzte, war tatsächlich Mr. AC selbst, der sich in seinem fragmentarischen Essay „Antecedents of Thelema“ (Vorläufer von Thelema) mit Händen und Füssen gegen eine solche Verbindung wehrte. Nehmen wir ihn mal beim Wort, vielleicht wusste er ja ausnahmsweise, was er sagte.
Eine schlichte Websuche offenbart einige hundert Stellen, an denen diese Verbindung allein durch räumliche Nähe konstruiert wird. Klingt kompliziert, heißt aber nur, dass die beiden nahe beieinander stehen. Gerne zitiert wird anscheinend, dass Crowleys Magnum Opus „Das Buch des Gesetzes“ Ideen von Nietzsche, Augustinus und Rabelais verwendet. (Das mag sein, sagt aber nichts über die Qualität eines Schriftstellers aus – selbst Shakespeare hat sich reichlich im geistigen Umfeld seiner Zeit bedient.)
Immerhin, die Verbindung zwischen diesen beiden Schriftstellern verärgert nicht nur den Agnostiker, sondern setzt auch die Rechtgläubigen unter Zugzwang. Wenn Crowley, immerhin im Sprachgebrauch so genannter Experten der Erfinder des „Neosatanismus“, von Augustinus abgeschrieben haben sollte, lässt das den Bischof von Hippo auch nicht gut aussehen. Es gilt also zu beweisen, dass a) es nicht so war oder b) alles ganz anders gemeint ist.
Ein schönes Zitat, in seiner sprachlichen Eleganz fast entwaffnend: „Was Augustins Kriterium bestimmt und Crowleys Prinzip abgeht, ist die Liebe.“ (Man erinnere sich, die Pointe von Crowleys Prinzip ist „Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen.“)
Es gilt hier mit einem Irrtum aufzuräumen: Augustinus hat nicht die Art von Liebe gemeint, die man allgemein erwarten würde, das normale Gefühl zwischen Menschen, oder vielleicht sogar zwischen Männern und Frauen. Man würde in diesem Zusammenhang im Lateinischen Original wahrscheinlich eine Form von „Amare“ erwarten – Sie wissen schon, amo, amas, amat etc. – stattdessen schrieb er jedoch „dilige et quod vis fac“. „Diligere“ jedoch hat eine etwas andere Bedeutung, die mehr in Richtung Respekt gilt, eine andere Art der Liebe auf jeden Fall.
Dem zitierten katholischen Autoren ist das lateinische Original anscheinend auch nicht so vertraut. Wenn man genau ist, scheint Crowley in seiner Wortwahl weicher und menschenfreundlicher zu sein als Augustinus. „Love“ ist einfach zu verstehen als „diligere“, deswegen wahrscheinlich auch erfolgreicher. (Augustinus war nie auf einem Cover von den Beatles.)
Das hat man nun davon.
Flash Gruner
- Material für Bücher redigieren
- Geschichten umschreiben
- Logos basteln
- ...und natürlich auch dem einen oder anderen Freund und Bekannten, der visuell benachteiligt wurde, unter die Arme zu greifen. (Retrodesign und letzte Rettungen...)
Ja, inzwischen habe ich es sogar schriftlich, dass ich zu den 30 schnellsten Mediendesignern Deutschlands gehöre*
* Topfschlagen bei factor design.
Dienstag, 4. September 2007
Mediaporn :: Logotrends 2007
Stark im Kommen sind demgemäß Designelemente, die
- a) an eine DNS-Doppelhelix erinnern
- b) die gummibandartige, asymmetrische Schlaufen aufweisen
- c) die mit einem Strahlenkranz ausgestattet sind
- d) ökologisch verantwortungsbewusst daherkommen (zwanghaft Grün und andere Naturtöne)
- e) Licht/Beleuchtungseffekte
- f) Pseudo-Wappen (ohne Anspruch an heraldische Genauigkeit)
- g) Urban Vinyl (Logo-Maskottchen-Hybride)
- h) Radkappen (mehrere aus Punkten bestehende Ringe mit gemeinsamem Zentrum)
- h) Punktreihen (aszendent oder deszendent)
- i) Flora (Blätter und Blüten) j) Halbierungen von Logotype (offensiver Beschnit) k) Überlappungen
- l) 3D-Effekte
- m) optische Linien (das heisst hier wohl, zweidimensionale Formen, die per optische Täuschung unmögliche dreidimensionale Körper darstellen wollen) und
- n) Bändchen (populär gemacht durch die in den Medien zu beliebigem Anlass zelebrierten Memorialschlaufen. ich glaube, darüber hat sich Harald Schmidt schon vor Jahrzehnten ausgelassen.)
"The full 2007 trend report follows. "