Der Donnerstag wurde zu einem unerwarteten Spaziergang in meiner Vergangenheit. Nicht dass ich damit gerechnet hätte, aber geschäftlich hatte ich es plötzlich in einem anderen Teil von Hamburg-Süd zu tun. Und während ich also in Steinwurfweite meiner früheren Wohnung durch zerfallende Industriegelände stolperte, stehe ich plötzlich vor einer Litfaßsäule, und der Ekel schießt mir ins Auge, wie einem Mann, der überraschend dazu gezwungen wird, eine Mülltonne mit siedenden Fischabfällen zu öffnen.
Über mir, in betretenen Farben, ein Plakat, die Ankündigung eines neuen Filmes.
"Ein fliehendes Pferd", nach dem Roman von Martin Walser.
Und dann war wieder alles zurück, ich war wieder 18, und ich wusste wieder, warum ich moderne deutsche Literatur so verabscheue. Martin Walser als Pflichtlektüre im Deutschunterricht hat wahrscheinlich schon mehr als einen Menschen dazu gebracht, mit dem Lesen ganz aufzuhören. Und jetzt auch noch im Film? Muss ich mir jetzt vorstellen, wie ganze Deutschkurse kreischend und um sich schlagend in die Kinos geschleift werden, um abzuschätzen, ob die Verfilmung dem literarischen Original gerecht wird? Das hat schon bei Karl May nicht geklappt. Aber nehmt den Kindern doch bitte nicht auch noch die Freude am Kino.
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