Freitag, 16. Juni 2006

Clark Ashton Smiths Poseidonis-Zyklus

"Uralte Folianten, in Schlangenleder gebunden, das Wissen von Atlantis, die Pentagramme, die Macht verliehen über die Dämonen der Erde und des Mondes, vergessene Runen aus Hyperborea, tödlicher als Gift..."

Nach der theosophischen Geschichtslehre ging Atlantis nicht auf einmal unter. Der Theosoph W. Scott-Elliot erweiterte dies in "The Story of Atlantis and the Lost Lemuria" (1896) zu einer definitiven Version der Geschichte: So zog sich der Untergang über eine halbe Million Jahre hin, während dessen der Kontinent in eine Reihe von Inseln zerbrach, deren letzte Poseidonis genannt wurde. Der Name "Poseidonis" taucht in antiken Quellen nicht auf, inspirierte Clark Ashton Smith zu einer Reihe von Kurzgeschichten:

Die hervorstechendste Person in dem kurzen Zyklus von Geschichten ist der Meisterhexer Malygris, der selbst nach seinem Tode noch unheimliche Gewalt über die Menschen Poseidonis' auszuüben vermag:

".... ein Thron aus dem Elfenbein des urzeitlichen Mastodons, verziert mit Runen, die Armlehnen wie Basilisken geschnitzt, um deren Häupter sich seine knochigen Hände krallten. Ein einziges rautenförmiges Fenster aus rotgoldenem Glas spendete Licht. Kalte frostiggrüne Augen in einem Gesicht wie Pergament, der Bart halb weiß, halb von bläulich schimmerndem Schwarz, wallte bis fast zu den Knien herab, violettes Gewand, über das Schlangenbuchstaben aus Silber krochen. Der Mosaikboden war teilweise bedeckt von den Häuten schwarzsilberner Menschenaffen, über dem Portal hing ein Einhornhaupt, in dem der Familiaris des Malygris hauste, in Form einer Korallenviper mit hellgrünem Bauch und grauen Tupfen."
(The Last Incantation, dt. Übersetzung)

Er taucht in zwei Geschichten auf, in einer weiteren einer seiner Schüler. Die Macht, die die letzten Magier auf dieser untergehenden Welt haben, ist vielleicht ein ironischer Verweis auf die theosophische Legende, dass Atlantis (Poseidonis) wegen der Ausübung Schwarzer Magie zerstört wurde. Allein, die Geotektonik kennt keine Moralischen Geschichten, der Untergang der letzten atlantidischen Inseln hatte natürlich ganz andere Gründe, die wahrscheinlich mit dem Zweiten Kataklysmus zu Anfang des Hyborischen Zeitalters zusammenhingen:

"Allerdings traf durch jene Ironie, welche alle Triumphe und Errungenschaften des Menschen begleitet, der Fortschritt dieser Beherrschung des Naturgesetzes zusammen mit den tiefgreifenden geologischen Veränderungen und Umwälzungen, welche das all­mähliche Absinken von Atlantis verursachten. Zeitalter um Zeit­alter, Äon um Äon war dieses Geschehen vorangeschritten: zyklo­pische Halbinseln, ganze Meeresküsten, hohe Gebirgsketten, Ebenen mit Städten sowie Hochebenen, allesamt tauchten sie nacheinander in den sintflutartigen Wogen unter. Dank des Fort­schritts der Wissenschaft waren der Zeitpunkt und die Lage künfti­ger Katastrophen genauer vorhersagbar, jedoch konnte man nichts tun, sie abzuwenden.
In den Tagen des Hotar und Evidon war alles, was übriggeblie­ben vom früheren Kontinent, eine große Insel namens Poseidonis. Weithin war bekannt, daß diese Insel mit ihren reichen Häfen, den jahrhundertealten Monumenten der Kunst und Architektur, den fruchtbaren Tälern im Binnenland und Bergen, welche ihre Schneetürme über subtropische Dschungel erhoben, dazu ver­dammt war unterzugehen, noch bevor die Söhne und Töchter der heutigen Generation zur Reife herangewachsen waren."
(A Voyage to Sfanomoe, dt. Übersetzung)

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