Samstag, 19. Oktober 2013

Malygris



Aus Poseidonis...
MALYGRIS

Malygris, der Magier, saß im obersten Raum seines schwarzen Turmes hoch über dem Herzen von Susran, der Hauptstadt von Poseidonis…

Seine eisigen Augen, sie ruhen,
auf Rubinen und überquellenden Truhen,
Trommeln aus der Haut des Geiers,
Rasseln aus dem Zahn des Cockodrill,
    Schädel hat er gesammelt
    von Menschen und Titanen,
    Rote Elixiere, gold’ne Fahnen.
    Wissen von Atlantis kennt er,
    Und Runen von Hyperborea,
    tödlicher als Gift.

All dies verkündet seinen Namen,
All dies preist seinen Ruhm,
Malyris, Malygris, flüstert es ihm zu,
doch der Älteste der Adepten findet keine Ruh.

    Düster wogt es,
    dunkel füllt es,
sein überdrüssiges Herz,
wie Asche einen Herd erfüllt,
wo eben noch ein großes Feuer war.

Und er sucht in der sterbenden Glut
Nach dem letzten hellen Funken,
den Tagen des Triumphes,
den Flammen und dem Purpur
all dessen, was er einst gewesen.

„Bin ich nicht Malgyris“, so sann er,
der Gewalt hat über alle Geister,
und selbst die Dämonen von Sonne und Mond?
Die Lebenden folgen meinem Willen,
Selbst der Tod beugt sich auf mein Geheiß.
Und doch wandelt sich alles Gold zu Blei,
Und meine Haare, sie sind weiß.
Mein Fleisch, es hat mich verraten.
Und wo ist der Ernte all meiner Taten?“

    Unbeweglich saß er,
    unerbittlich sann er,
tastete in den Schatten der Erinnerung,
wie ein Blinder, der die Sonne verlor,
und sie überall vergebens sucht.

Und er ballt die welke Hand,
aus dem alles Blut geschwunden,
flucht dem greisenden Fleisch
und all den alten Wunden.

„Viper!“, ruft er, „dienstbarer Geist,
Dessen geheimer Name ‚Ehrgeiz’ heißt!
Komm hervor aus deinem dunklen Heim,
Folge mir in Rune und Reim!
Das Firmament will ich erschüttern,
Vor mir sollen Gott und Tod erzittern,
Schreiben wird’ ich’s in Meer und Erde,
Auf dass mein Name nie vergessen werde!“

„Zu spät“, zischt die Viper in sein Ohr,
„Du lebst das Leben, das ich Dir erkor’,
Jenseits von Gut und Böse, den Göttern gleich,
Doch Götter sterben, es bricht ein jeder Deich,
Flieh oh Leben, flieh oh trüber Schein!
Die Wellen allein werden ewig sein,
Und selbst Deine goldenen Truhen
Werden bald unter den Wellen ruhen.
Das goldene Atlantis ist vergangen,
Von dem die hohen Musen sangen,
Und selbst ein Gott auf Erden,
Wird irgendwann vergessen werden!“

Malyris, Malygris, flüstert es ihm zu,
doch der Älteste der Adepten findet keine Ruh.
    Düster wogt es,
    dunkel füllt es,
    draußen scheint das Meer.

    Scheint jetzt,
    dann nimmermehr.



"Malygris" inspiriert von den Poseidonis-Geschichten von Clark Ashton Smith

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