Freitag, 27. November 2009

Buch :: A Medicine for Melancholy

Eine Anthologie: Zweiundzwanzig Kurzgeschichten, und hier heisst 'kurz' wirklich kurz, in denen der Autor einige wiederkehrende Themen zu immer neuen Melodien verbindet. Während Bradbury als ScienceFiction-Autor gehandelt wird, sind selbst seine Marsgeschichten nicht wirklich SF. Es sind Träume und Grotesken, mal beschwingt, mal albern oder auch dunkel, mein Liebling.

Das Buch: Es war wohl Charles Bukowski oder ein anderer Poet, der sich voller Abscheu über Bradburys "literarischen" Stil äusserte. Das mag nicht mehr bedeuten, als dass man nicht mehr als eine der zahlreichen Kurzgeschichtensammlungen, die er verfasst hat, in einem Stück durchlesen mag, bevor man so sehr in der Art und Weise des Bradbury-Multiversums verstrickt ist, diesem dunklen Diamanten, dass es einem zuviel wird – im schlimmsten Falle auch langweilig. In diesen Geschichten gibt es keine Explosionen, und die Monster, wenn es sie gibt, kommen eher auf leisen Sohlen. Bradbury muss nicht zwanghaft das Phantastische beschwören, manchmal beschränkt sich seine Phantastik auf die Szenerie, kann also vernachlässigt werden. Und manche Geschichten, sind nur Charakterstudien, nicht wertend, sondern nur konstatierend. Vielleicht ein wenig lakonisch, aber kaum gehässig. Das ist dann das Literarische, auf das man manchmal gerne verzichten kann. Dennoch kommen auch hier immer wieder Glücksgriffe vor. Und mag Bradburys Stil und heute auch ein wenig staubig und großväterlich erscheinen – ein Urteil, das Bradbury wahrscheinlich nicht mal als negativ ansehen würde – manchmal passt es einfach. Und dann bekommen die Kleinstädte und die kleinen Leute und die kleinen Merkwürdigkeiten, die er beschreibt, einen gewissen düsteren Zauber. Nicht zuletzt deswegen wurden viele von Bradburys Geschichten – zuerst unerlaubt, dann mit Erlaubnis – von EC und anderen als Comics oder Filme adaptiert. Manche Geschichten setzen sich einfach fest.

Hör zu: Hast Du Dir schon einmal überlegt, in einem Bahnhof auszusteigen, wo sonst nie jemand aussteigt? In einer der 22 Geschichten tut genau dies der Erzähler, und findet statt des erhofften Wunders nur einen alten Mann, der seit 20 Jahren darauf gewartet hat, dass jemand in diesem Bahnhof aussteigt – damit er ihn umbringen kann.

Trivia: Letzten Sonntag auf dem Flohmarkt erstanden für 50 Cent. Ein Buch von 1960. Nicht schlecht, oder? Das beste daran ist wahrscheinlich die Notiz auf Seite 2: THIS LOW PRICED BANTAM BOOK printed in completely new type, especially designed for easy reading, contains the complete text of the original, card-cover edition. NOT ONE WORD HAS BEEN OMITTED. Huch! Klingt ein wenig so, als ob Taschenbücher/Paperbacks zu dieser Zeit noch etwas echt Merkwürdiges und Neues waren…

Rezension aus MEH, 13.06.2006, um 21:33 Uhr

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