Freitag, 13. November 2009

Buch :: Das Licht der Finsternis

Die oberste Maxime ihres Denkens - ES GIBT NUR DAS UNIVERSUM, UND ES BESTEHT AUS ELEKTRONISCHEN ENTITÄTEN, DIE WEDER EINE SEELE HABEN, NOCH EIN BESTIMMTES ZIEL VERFOLGEN - hatte jemand einfach mit dicken, schwarzen Strichen überschmiert: O DOCH, DEN LAUNEN SATANAS'!


Der Plot: In einer nahen Zukunft hat die Wissenschaft im Namen einer allumfassenden Kirche die absolute Macht über die Menschheit übernommen. Wissenschaftliche Tricks werden als die Wunder des Großen Gottes missbraucht; die Menschheit ist gefangen in einem zweiten finsteren Zeitalter, das mehr als alles andere an das Mittelalter erinnert. Da die Kirche alles ist, müssen alle der Kirche dienen. Doch plötzlich geschehen unverständliche Dinge - die Wunder der Wissenschaft scheinen nicht mehr zu funktionieren, die Kirche steht unter dem Angriff dämonischer Kräfte. Denn eine neue Hexenkraft ist auferstanden, und selbst die elektronische Macht des Großen Gottes scheint gegen die Heimtücke Satanas' nichts ausrichten zu können.

Das Buch: Fritz Leiber, der alte Mann des düster-eleganten Stils und der ungewöhnlichen Perspektiven hat hier (unter dem Originaltitel "Gather Darkness") mitten in der dunkelsten zeit Amerikas' einen vollkommen gegen den Strich entworfenen kühnen Roman hingelegt, in dem Hexen und Satanisten (!) in einem semiotischen Guerillakrieg gegen das totale System einer Pseudoreligion stehen. Während uns diese Perspektive heute vielleicht nicht zu ungewöhnlich erscheint, muss sie vor 56 Jahren höchst ungewöhnlich und vielleicht schockierend erschienen sein. Dennoch ist dies relativ geradlinige SF, die stilistisch als direkter Vorläufer der NewWave-Bewegung der 60er Jahre gewertet werden kann: Es gelingt Leiber tatsächlich, ohne mystische Unter- und Obertöne eine Welt zu entwerfen, die auf mittelalterlichem Aberglauben basiert.

Wertung:
Nicht sein bester, aber very amusing.

Update: Wie es scheint, ist die besprochene deutschsprachige Version nicht mehr zu bekommen, jedoch für wenig Geld noch englische Ausgaben (siehe Amazon-Link.)

Rezension aus MEH, 29.05.2006, um 21:37 Uhr

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