Die Götter von Mu sind uns namentlich bekannt, auch wenn nichts auf die Funktion hindeutet, die sie innehatten. Einige wenige Namen, kryptisch, dahingeworfen auf das brüchige Pergament der Vergangenheit: Die Mondfrau. Die Sternenmädchen. Zuakal, der Verwalter der Seelen. Xultha, der erste Gott. Valka. Hotath.
Wir können hier einen kurzen Moment innehalten: Die in der Religionswissenschaft immer wieder bemühte Diskussion über die politische oder die spirituelle Dimension einer Religion, und in Abgrenzung davon, der Religiösität, ist in der ersten Religion der Menschheit obsolet. Die spirituelle Dimension ist hier die politische. Die Begründung der ersten Religion durch Menschen und für Menschen war das vielleicht notwendige Signal für den Befreiungskampf gegen die mächtigen Wesen, die den Menschen im Anbeginn versklavt hatten.
Religion stimmt menschliche Handlungen auf eine vorgestellte kosmische Ordnung ab. „Die ethischen und ästhetischen Präferenzen der Kultur werden dadurch objektiviert und erscheinen als Notwendigkeit, die von einer bestimmten Struktur der Welt erzeugt wird.“ Eine kosmische Ordnung, die den Menschen als Mass anlegt, bzw. in menschlicher Vorstellungskraft wurzelt, bedeutet auch notwendiger Massen den Kampf gegen die Wirklichkeit nichtmenschlicher Ordnung, die Befreiung des Menschen.
Dieser Kampf, der mit den Helden der Urzeit begann, ist bis zum heutigen Tage nicht ausgestanden. Aus den Chroniken von Kull wissen wir, dass er der erste war, der bewusst versuchte, den Kult der Grossen Schlange, hinter dem verborgen die Schlangenmenschen standen, konsequent zu verbieten. Doch auch ihm gelang es nicht vollständig – Überbleibsel konnten selbst den Kataklysmus überleben und traten noch im hyborischen Zeitalter auf, bis sie bis auf wenige Ausnahmen ausgemerzt werden konnten. Doch selbst in den Zeiten von Mu, als die universelle Religion, die von den Naacal-Meistern verbreitet wurde, entstanden sein muss, offenbarte sich frei nach Ludwig Feuerbach „das bewußtlose Selbstbewußtsein des Menschen“ als Sklave der Furcht. Nicht Transzendenz, sondern der Atavismus von Xultha, dem „ersten Gott“, dem Affenmenschen, herrschte für eine Zeit. „Der Mensch vergegenständlicht in der Religion sein eigenes geheimes Wesen“, heisst es, und vielleicht muss man diese Art archaischer Kulte als Immunreaktion gegen den Aufruf zur Befreiung und Selbstverantwortung des Menschen ansehen. Eine Immunreaktion, die auf persönlicher Ebene auch heute immer noch aufzufinden ist.
Es ist ein Versuch gemacht worden, die selbst im Hyborischen Zeitalter bei Überbleibseln älterer Zivilisationen verbreitete Praxis, das Göttliche in Form monströser Manifestationen in die Tempel zu ketten, auf den Kult von Xultha und das östliche Lemurien zurückzuführen. (Tatsächlich scheinen die Namen dieser Zivilisationen der lemurischen Sprache zu entstammen: Xapur, Xuthalla, Xuthal, Xuchotl) Wenn dem so ist, müssen wir von einer Parallelkolonisierung der Welt ausgehen, die dem Zivilisationsanspruch der Naacal-Meister zuwider lief. Eine andere Erklärung wäre, dass es sich bei diesen Überbleibseln alt-lemurischer Kultur um deviante Dissidenten handelte, die sich der Menschwerdung des Transzendenten durch Flucht entzogen, um ihre Vergottung des Bestialischen in der Abgeschiedenheit abgelegener Inseln und geheimer Städte vollziehen zu können.
Nach der Geschichtsschreibung der Theosophen ging Lemuria unter, weil hier die Menschen zum ersten Mal bewußt Bestialität (Sodomie) begingen – dies ist eine sicherlich entstellte Version der Zuwendung zum Kult des göttlichen Atavismus, des Ersten Gottes – des Grossen Affen Xultha. Mit Mu versanken auch die letzten Überbleibsel vormenschlicher Kulte, und die Gräber ausserirdischer Monstrositäten, die Äonen lang als Götter angebetet worden waren.
Die erste Religion der Menschheit, die transzendente Lehre der Naacal-Meister, hatte sich jedoch inzwischen schon auf der ganzen Welt verbreitet. eine Lehre, aus durch Vervielfachung und Rekombination die gesamte menschliche Kultur entstehen sollte.
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