Mittwoch, 24. April 2019

Mythos :: Traumsucher [2]



Notizen aus dem Platinbuch

Von allen Welten, die ich im Traum besuchte, ist Pegāna die vollkommenste. Ich war in Andarra und Tothra, selbst Kuth vom Sternengürtel, doch ihre Wunder scheinen nur eine blasse Nachahmung zu sein, wenn ich die Tore von Pegāna erblicke, wo die Zwillingssterne Yum und Gothum Wache stehen.

Pegāna war vor allen anderen. Noch bevor es Götter auf dem Olymp gab, oder noch ehe Allah überhaupt Allah war, war Pegāna – so heißt es.

Sie ist so alt wie die Entstehung der Kontinente und Ozeane.

Sie ist kein Traum – sie ist das, wovon wir träumen.

Manche vermuten, dass die Orte, die wir im Traum besuchen, in der fernsten Vergangenheit der Erde oder eines anderen Planeten liegen; und dies mag durchaus sein, denn manche Träume sind nur Erinnerungen an frühere Leben, so wie manche Erinnerungen nur Träume sind. Und es ist nicht unmöglich, dass manche Träume den Träumer überleben, der sie als erstes erträumt hat, und in der Erinnerung überdauern.

Da sind Träume von Atlantis, von Bethmoora und Irem mit den vielen Säulen, doch wer mag zu sagen, wessen Fuß dereinst wirklich auf ihren Straßen gewandelt ist? Manches, was uns wirklich scheint, ist nur ein Echo der Vergangenheit, oder ein Traum, der in einem fernen Zeitalter geträumt werden wird.

Pegāna ist mehr noch; sie ist die Erinnerung an die Welt des Menschen, als sie noch nicht zerbrochen und in Stücke zerfallen war; der erste Traum, den wir geträumt haben, als wir uns aus dem Schlamm erhoben und den Wundern der Welt Namen verliehen haben.

Und manche sagen, so wie es Träumern ergeht, die im Schlafe Gehörtes neu ordnen, so haben wir Pegāna aus dem wahren Namen der Erde gemacht, der da ist Pangeā.
Dies ist nicht so, und doch ist es wahr.

Denn Pegāna ist der Traum der ganzen Erde, wie sie war am Anfang und wieder sein wird am Ende, das schöne Pegāna.


* Das Platinbuch enthält noch weitere Anmerkungen. "Pegāna" ist der Name, den Lord Dunsany dieser sagenhaften Welt gegeben hat und mit wundervollen Geschichten zum Leben erweckte. natürlich ist es reizvoll, sich ebenfalls in dieser Welt zu verewigen. Aber es wäre natürlich nicht dasselbe - deswegen der Arbeitstitel "Die Pegāna-Apokryphen". Zudem sind die Werke von Lord Dunsany - auch wenn man sie z.B. auf amerikanischen Webseiten komplett nachlesen kann - in Europa immer noch (und zu recht) durch das Urheberrecht geschützt. Eine Veröffentlichung in kommerzieller Form schließe ich deswegen vorerst aus. Schade eigentlich, aber auch ein Grund, warum die "Notizen aus dem Platinbuch" momentan überarbeitet werden. Wenn sie erst einmal durchgestrichen sind - als 'erledigt' - kann meijn Gehirn sich wieder ohne schlechtes Gewissen anderen Dingen widmen.

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