Es ist vielleicht nicht die beste Idee, sich direkt am Rande des Weihnachtsmarkt zu verabreden. Während man auf seine Verabredung wartet, wird man abwechselnd von der Kälte des Bodens und dem warmen Schwall Kasslergeruch angefallen, der in der Luft liegt. Ganz zu schweigen von seinen Mitmenschen, die vor lauter Termindruck und vorweihnachtlicher Paranoia nichts besseres zu tun haben, als zu drängeln, zu drücken, sich gegenseitig umzurennen oder auf die Füsse zu treten. Selbst wenn man sich an eine Mauer stellt, irgendein Idiot wird immer noch versuchen, sich hinter Dir vorbeizudrücken und Dich dabei unweigerlich umwerfen.
Vielleicht liegt es daran, dass ich ein so freundliches Gesicht habe, vielleicht auch daran, dass die Menschen nur noch schamlos sind. In der halben Stunde, da ich auf meine Verabredung wartete, bin ich bestimmt alle drei Minuten angesprochen worden. Ob bulgarischer Bettler, russischer Randalierer oder christophiler Schwallerkopp, alle wollten etwas von mir. Mein Geld, meine Zeit, meine Seele.
Leugnen geht nicht, schimpfen bringt nichts. Also was tun?
Als der zehnte Delinquent auf mich zutaumelt, kommt mir ein Geistesblitz.
„Schulligen Sie, hamse ma…“, beginnt er, aber diesmal schneide ich ihm gnadenlos das Wort ab.
„Schore? Schore?“
„Häh?“ In seine Augen tritt überraschende Klarheit.
„Crack? Coca-ihn? Hachich?“
Verstummt hält er inne. Unsere Augen treffen sich. In dem Moment ist ihm wahrscheinlich klargeworden, dass er vor sich jemanden stehen hat, der wahrscheinlich noch viel gemeingefährlicher ist als er selbst.
Erstaunlich flott für einen Beinamputierten macht er sich vom Acker.
Ermutigt von dieser positiven Erfahrung werde ich mutiger.
„Schore, Schore, lecker Schore…“, klingt meine Stimme durch das Geraune der Menge und den warmen Schwall Kasslergeruch. Beunruhigt teilen sich die Ströme drängelnder, drückender, sich gegenseitig umrennender oder auf die Füsse tretender Idioten.
Das mach ich jetzt in Zukunft immer so.
Einen fröhlichen Vierten Advent!
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