Dienstag, 28. Januar 2014

Wie werden wir weird?

Es ist keine deutliche Demarkationslinie, die die Subgenres der Spekulativen Fiktion von einander trennt. Kein Nord und Süd, kein Ost und West, kein Unten und Oben. Es gibt keine Mauern, die nicht bereits eingerissen wurden oder von der zeit zu einem Haufen Kies zerrieben wurden. Heutzutage geht man nicht mehr unbedingt von thematischen Unterschieden aus - "Berge des Wahnsinns" von H.P. Lovecraft ist im Grunde Science Fiction, wird aber wegen seiner beunruhigenden Untertöne eher der Horrorliteratur zugeordnet, H.G. Wells "Krieg der Welten" mit einer ähnlichen Thematik jedoch nicht, könnte aber ohne Probleme als noch grauenerregendere Vision umgeschrieben werden, als es eh schon ist.

Die Thematik oder Sujet ist hier wohl Nebensache, wie in der Quantenphysik sind es eher Betonung, Spin und Farbe, die dienen können, ein Subgenre zu identifizieren. Es ist der gothic touch, der eine Thematik gleich welcher Art in etwas schauerliches, schwarz romantisches oder erschreckendes verwandelt. Im englischsprachigen Raum wird eine jede Art von Erzählung, die diesen Kriterien genügt, gerne nach dem legendären Magazin Weird Tales als Weird Fiction verortet.

"Where is your will to be weird?" (Jim Morrison)

Eine gute Frage, vor allem wenn wir die Frage des Freien Willens - ob nun eines Autoren oder der von ihm erschaffenen Gestalten, miteinbeziehen wollen. "Weird" ist heutzutage jeder, der eine eigenartige, besondere Auffassung, Stylistik oder Haartracht pflegt. Als adjektivische Bedeutung dieses ursprünglich als Substantiv definierten Wortes wird meist irgendeine Variante von "seltsam aussehend, unheimlich, sonderbar, eigenartig" geführt. Wenn es Dein Wille ist, kann also jeder Mann weird sein. Oder werden.

Es ist allerdings eine moderne Idee, also eine falsche Idee, dies Wort adjektivisch zu verstehen, oder auch nur in dem Sinne, in dem er hier geführt wird. Oder mal wieder als ein Fall, in der die Moderne die Worte des Barden missinterpretiert. Ein schneller Blick in das etymologische Wörterbuch offenbart die erste aufgezeichnete Verwendung von "weird" im heutigen Sinne als 1815, und der Barde, dessen Worte missverstanden wurden, William Shakespeare und zwar in seinem herrlich düsteren und unheimlichen "Macbeth" (1. Akt, 4. Auftritt) Hier treten eindrucksvoll die drei Hexen erneut auf, die Aufstieg, Schuld und Untergang des schottischen Thronräubers lenken - drei Hexen, drei "weird sisters". Es wird sicherlich mehr Aufführungen als andere geben, in denen diese Damen seltsam aussehend, unheimlich, sonderbar oder eigenartig dargestellt werden. Obwohl, drei Topmodells in Topkinis wären ja auch mal nett...

In der Übersetzung von Friedrich Schiller jedoch heißt es:
"Die Schicksalsschwestern, Hand in Hand,
Schwärmen über See und Land,
Drehen so im Kreise sich,
Dreimal für dich
Und dreimal für mich,
Noch dreimal, daß es Neune macht,
Halt! Der Zauber ist vollbracht!"

Sonntag, 26. Januar 2014

Die grossen Damen der Phantasie [1]

Der hochverehrte Leser wird schon vor einiger Zeit erschrocken festgestellt haben, dass ich in meinem beständigen Streit mit der Wirklichkeit, dem Streit wider die Moderne, die Postmoderne und die Post-Postmoderne immer wieder zu Ideen und Bildern zurückkehre, die eigentlich einer ganz anderen Generation angehören oder in unangemessen vergangenen Epochen populär waren. Das betrifft auch die Lektüre, mit denen ich meine Regale fülle. Da gibt es einiges Empfehlenswertes, das während des letzten Jahrzehntes in Vergessenheit zu geraten droht.

Wer also wie ich zu den Freunden der Weltflucht gehört, und gerne einmal sein unerträgliches Dasein oder seine ernsthaften Studien durch einen Ausflug in eine buntere Welt auffrischen will, die entweder phantastischer oder noch schrecklicher ist als diese Parallele, dem möchte ich zuerst einige Autorinnen* empfehlen, bevor die virtuelle Welt sie komplett verschlingen kann. Die großen Herren der Phantasie haben die Zeiten besser überstanden, egal ob sie xenophobe Einsiedler oder manisch-depressive Texaner waren, aber man kann ja nun auch nicht sein ganzes Leben lang nur Robert E. Howard Philips Lovecraft lesen.

Schauen wir mal ein paar Jahrzehnte zurück, gibt es einige Autorinnen, die heute unverdienterweise in Deutschland kaum noch nachgedruckt werden. Das einzige gute, was man daran finden kann, ist dass die Titel, die früher herausgegeben wurden, nun teilweise für einen Spottpreis (+ Porto) im Internetbuchhandel zu finden sind, wenn man sich nicht an kleineren Macken oder eigenartigen Flecken stört.

Die jüngste Autorin, die halb vergessen dasteht, obwohl sie noch lebt und weiterhin produktiv ist, ist die Engländerin Tanith Lee (* 19. September 1947).

Sonntag, 12. Januar 2014

Jahres-Remix 2013

Brauchen wir wirklich eine Fortsetzung von nicht fortsetzbaren Texten von vor drei Jahren? Keine Ahnung, wer weiß das schon? Ich arbeite hier nur. Okay, weiter im Text: die Lautstärke bitte hochdrehen:

„JC?“, knarrte es aus dem Automaten. „JC?“
Völlig abgefuckt, ein Wahlomat mit schweren Störungen der Schaltkreise VIII, IX und X. „Nur Sex, Sex, Sex“, echot es durch die Samsung Galaxie. Was ist geschehen? Eine Projektion der Psyche, wie Vallee von den UFOs annahm, vielleicht in einer höherdimensionalen Form?

Amadeus steht im Offizierskasino, umgeben von betrunkenen und halb schlafenden Programmdirektoren, Hackern, Technojunkies. Neben ihm Paul Walker, der wandelnde Geist. Beide grinsen. Das ist nicht ihre Scene. Beide tragen die klassischen Perücken, über die wir uns schon im letzten Jahrhundert lustig gemacht haben. Beide sind breit, abgefuckt, denn wer kann ein solches Jahr schon nüchtern ertragen? „Wir haben den Rum und was zu rauchen“, sagt Paul. „ wir haben die Musik, wir haben die Technologie...“

Auf einem der Chaosschirme flimmert seit 24 Stunden Nonstop die Wiederholung der großen Hits: der weinende Immobilien Scout im Dschungelcamp, iPhone-Fisten Gangbang Style, und natürlich die Klassiker. Da ist der ewige Großbrand in einer Textilfabrik in Karachi. Die Untoten des Internets, mindestens 240 Menschen ums Leben gekommen. „Das ist fucking breaking bad“, sagt der Mann mit dem Hut und schenkt Amadeus und Paul noch einen ein. Flotte blaue Kristalle schwimmen im Champagner. „Der erste Hit ist immer kostenlos, Bübele“, grinst er.


Montag, 6. Januar 2014

works-in-progress 2014-01-06

Momentan auf meinem Schreibtisch:

Kurzgeschichten

  • "Die Stimmen der Toten"
  • "Die Gräber von Birdum"
  • "Der Gott der Einöde"
  • "Die Litaneien des Todes"
  • "Wenn die Götter rasen" (Arbeitstitel)
  • "Stadt des Elfenbeins, Stadt der Rosen"

Sechs Kurzgeschichten oder Novellen, die auf Uraltexten oder -ideen basieren (u.a. aus dem Arullu-Zyklus) und die sich teilweise auseinander entwickelt haben. Man könnte eine Art Stammbaum aufzeichnen, wenn man nichts besseres zu tun hat.

Wie immer schreibe ich wahllos an allen, wenn mich die Muse (oder die beste Ehefrau von allen) küsst. Ohne Druck.
Denn auf meinem Schreibtisch liegt ja auch noch mehr herum.

Nebenprojekte

Relaunch einer kulturellen Webseite
Korrekturen und Ergänzungen verschiedener Übersetzungen 

Titel in Vorbereitung (ohne Veröffentlichungstermin)

  • Seltsame Besucher (Phantastica)
  • Seltsame Besucher (New Wave SF)
  • Der Körper der Aphrodite (Weird Fantasy)
  • Exlibris (Geschichten im Geiste Meyrinks)


Freitag, 3. Januar 2014

Zeitlos

Ein neues Jahr, wir leben in der Science Fiction von gestern. War das nicht immer schon so? Das große Thema, lieber Leser, vielleicht für dieses Jahr oder auch jedes andere, wo man seine grauen Haare und die kleinen Zipperlein merkt, ist Zeit.

Chronos, Saturn, der Große Demiurg, oder der Weihnachtsmann. Man kann ihm hundert Namen geben, und trotzdem nicht begreifen. Genauso überraschend wie Weihnachten jedes Jahr kommt, vergeht auch die Zeit und man stellt fest, dass es doch gar nicht so viel davon gibt, wie man meint.

Da gibt es Projekte, die man zeitlich verplant und feststellt, dass man mit einem 25-Stundentag nicht rechnen kann, vor allem nicht, wenn man doch mehr als drei Stunden schlafen will. Und "der Kunde", wenn es so etwas gibt, hat ja auch seine eigene Zeitrechnung, wahrscheinlich pazifische Zeitzone, ähnlich wie Godzilla. [Eine Liste aller Projekte, die derzeit auf meinem Schreibtisch liegen demnächst... wenn ich Zeit dazu habe...] "Der Kunde" hat immer genaue Vorstellungen, meistens drei Stunden nachdem man selbst der Meinung ist, dass das Projekt abgeschlossen ist. Dann rächt es sich, wenn man nicht alles sofort macht, weil man eh weiß, wie viele Änderungswünsche (Godzilla marschiert durch Tokio...) noch kommen werden.

Aber macht man alles sofort, steht man auf der Post, um das Abgabedatum einzuhalten und hat ganz vergessen, dass seit einigen Monaten die neue Bankkarte auf dem Schreibtisch liegt, die ab Neujahr gültig ist. Aber man kann das auch positiv sehen: das rennen gegen die Zeit hält einen jung.

Und was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen haben.

Mittwoch, 1. Januar 2014

Tonight I do vodoo, what do you do?

Die ruhige und beschauliche Stadt an der Küste, Zollern am Meer, auch bekannt als WHV... heute Nacht sind wir über Dich gekommen und haben Dich erweckt. Merk auf! Die Lwa leben in Dir, die Götter anderer Welten schleichen leise an Deinen Grenzen...



Update 01.01.2014
Jetzt wo alle es gesehen haben, ersetze ich die fehlfarbigen Fotos mal durch ein markanteres Schwarz-Weiß. Achja, und auf die anderen Fragen: Ich kann damit leben. :-)