Das Zeitalter der Namenlosen Stadt
Anklänge finden sich auch an das sagenhafte Ägypten aus „The Cats of Ulthar“ (1920), ebenfalls eine Dunsany-Imitation, in der Lovecraft fulminant die Katze als „die Seele des alten Aigyptos“ identifiziert. „Die Sphinx ist ihre Cousine“, preist sie der Autor, „und sie spricht ihre Sprache; aber sie ist viel älter als die Sphinx und erinnert sich an das, was jene vergessen hat.“
An einer anderen Stelle werden die sagenhaften Kolosse des Memnon erwähnt, die Statuen des Amenophis III. beim Luxor, und das Geräusch, das das Öffnen und Schließen der Bronzetür in die „Innere Welt“ verursacht, wird mit dem klagenden Ton verglichen, den die Kolosse einst bei Sonnenaufgang ausstießen. (Erstaunlicherweise ist dieses Phänomen der einzige von Lovecrafts Verweisen, der wissenschaftlich belegbar und nicht einer Traumwelt oder Legende entstammt.) Die Katze mag „älter als die Sphinx“ sein, die Namenlose Stadt aber ist „Urahne der ältesten Pyramide“ – bedrohlich und rätselhaft wie die Frage nach ihren Erbauern. „Furcht sprach aus den zeitbenagten Steinen dieses altersgrauen Überbleibsels der Sintflut“, so heißt es. Es ist offensichtlich – die Namenlose Stadt entstammt seltsamen Äonen.
Ein Detail am Rande, leider nicht von Lovecraft angewandt: Der schreckliche ägyptische Fruchtbarkeitsgott Sobek, er mit dem Krokodilskopf, trug als Beinamen den Titel Djedi, der Dauernde. Wie lang mag er wohl gedauert – und gewartet haben? „Die Altertümlichkeit des Ortes war unerträglich“, so heißt es weiter, „und ich sehnte mich danach, irgendein Zeichen oder eine Vorrichtung aufzufinden, um zu beweisen, daß die Stadt wirklich von menschlichen Wesen errichtet wurde. Es gab in den Ruinen gewisse Proportionen und Dimensionen, die mir nicht behagten.“ Ähnlich werden auch die Hinterlassenschaften anderer außermenschlicher Kulturen in den Folgegeschichten des Mythos beschrieben; hier ist diese Beschreibung aber auch noch ein zartes Echo der Faszination, mit der man früher den Hinterlassenschaften der Pharaonen begegnet ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen